Orden der Finsternis

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Die Eisklinge

 

Flucht nach vorne... [Die Eisklinge – I]

Silk [KS], Ordensritter

Als Dalon Mittgaard am Abend nach den Truppenübungen in die Klingenfeste einreitet, nimmt Gerald ihm persönlich in Empfang. Er greift nach den Zügeln des Pferdes, um Dalon beim Abstieg zu helfen. Sogleich wird er auch von Gerald, Silks Bote und Stellvertreter, gefragt, wo er den Ordenritter gelassen habe, denn er ist noch nicht wieder in die Feste zurückgekehrt. Bis zum nächsten Morgen und auch weiterhin sollte Silk auch nicht mehr in die Feste zurückkehren...

Silk ritt gemächlich noch auf seiner falben Stute durch die lichten Wälder. Er hatte sich von der Gruppe getrennt, die nun nach Buccaneer’s Den weiter wollte. Ihm gefiel das nicht. Befriedet oder nicht, „Buc’s“ war noch immer ein Ort, den er nicht mochte. Man lebte dort im Dreck und die Menschen waren rau und unfreundlich. Es dämmerte langsam und das Tageslicht nahm ab. Dennoch hatte der junge Ordensritter es nicht eilig.
„Befriedet...“ – Ein Wort mit dem sich Silk nicht anfreunden konnte. Ein Land war nicht von einem Tag auf den anderen „befriedet“. Was wussten die Britannier schon von der Zähigkeit der schwarzen Mächte?! Und wenn ihre Armee tausendfach so groß war, wie die des Herzogtums; der Bund wird nicht einfach so „befriedet“...
An der Rast angekommen stieg Silk aus den Steigbügeln. Die schwere silberne Plattenrüstung schepperte, als er abstieg und sich hinabkniete. Er hatte schon bemerkt, dass sein Pferd, seine gute Hendra, auf dem rechten Vorderbein leicht lahmte. Sie hatte sich wohl im Wald eine Verletzung zugezogen - Silk ließ es beim Stallmeister der Rast. Ein merkwürdiges Wesen, dennoch beließ es Silk dabei und reichte nur einige Goldmünzen...

Er band seine Hellebarde aus der Haltevorrichtung des Sattels ab und machte sich zu Fuß auf den Weg gen Herzogtum. Das Rüstzeug war noch immer blank poliert und so schien das Silber in der untergehenden Sonne leicht rötlich. Silk erblickte schon die Wachen auf dem ersten Turm, als er einer menschlichen Silhouette gewahr wurde. Ganz in rot, wie das menschliche Blut, inmitten des Pentagramms.
Der Jünger Sineras war sich sofort bewusst, was dies bedeuten mochte, spürte er doch das dunkle, unbehagliche Gefühl, welches von dem Priester Mordûls ausging.
Er würde die Konfrontation nicht scheuen! Keine Flucht vorm Feinde!

Er trat näher und baute sich schließlich mit einem Schritt Abstand vor dem Pentagramm auf, das mit Blut auf den Boden gezeichnet war. Argon wandte sich dem Lichten zu, als das scheppern seiner Rüstung dessen Nähe deutlich machte. Er verbarg sich unter einer roten Widdermaske. Neben ihm eine Fackel.
„Mortem Luci, Madenknecht deiner unwürdigen Göttin! Was willst du hier? Verschwinde!“, sprach Argon und seine Stimme klang dumpf unter der Maske hervor. Silk spürte die Finsternis, die von Argons Geist aus um sich griff. Er erwiderte den provokanten Gruß nicht. Silk stand nur aufrecht vor dem Priester. Weder Wut, noch Hass waren in seinem Gesicht zu lesen, als er antwortete.
„Ich diene Ayanyeh, der Goldglänzenden, und dem lichten Pantheon – den höchsten aller Götter. Ich folge dem Leitbild der heiligen Sinera und eifere ihr nach, Falschgläubiger. Ich bin hier um diesen Ort von seiner Verunreinigung zu befreien, die ihr bringt.“, erklärte er mit fester Stimme und trat schließlich einen Schritt vor, an den Rand des Pentagramms heran.
„Du wagst es mich so zu nennen? Der höchste aller Götter ist der Herr des Hasses, ihm unterstehen alle anderen...“
Noch als er diese Worte spricht glimmt ein Leuchten an seiner Stabesspitze auf und Silk packte die Hellebarde fester in der Hand; in nur einer, nicht provokant. Der Priester ließ eine flammende Wand sich vor Silk erheben, unmittelbar auf dem Rand des Schutzzeichens. Die Flammen spiegelten sich in dem vorher silbrig-weißen Edelstahl der Rüstung wider, so dass sie nun rötlich schimmerte. Es wurde langsam, doch beständig heiß in dem Metallkleid, aber Silk wich nicht. Es schien töricht, doch war es der erste Kampf, den es zu bestehen galt – wich er hier zurück, floh er vom Felde. So stand er und ertrug die Hitze, die der heiße Stahl auf seine Haut bald brannte. Argon griff nach der Fackel und schleuderte sie in einer schnellen Bewegung in die Flammenwand. Ein unglaublicher Druck, hervorgerufen durch eine Explosion dort, wo der Fackel aufschlug, ließ Silk zurücktaumeln und er musste in die Knie gehen. Schmerz war ihm anzusehen, presste sich der glimmende Stahl, der nun wieder abkühlte, doch bei der Bewegung direkt an seine Haut. Doch wiederum erhob sich der Krieger, richtete sich voll auf und schritt erneut vor das Pentagramm, wo eben noch die Flammen loderten.
Argons Augen blitzten weiß unter den Sehschlitzen hervor und verengten sich beim erneuten Anblick Silks. Dieser senkte nun das Blatt seiner Waffe, hielt den Schaft immer noch mit nur einer Hand, doch nun kampfbereit. Nicht zum Angriff, doch zur Verteidigung. So schritt er in das Schutzzeichen herein, das Amulett um seinen Hals, welches das Abbild einer geflügelten Frau, mitsamt Schwert, darstellt, begann hell aufzuleuchten.
Der Rote öffnete die linke Hand, welche nicht seinen Stab umschloss, und öffnete sie mit der Handfläche zum Himmel hin. Nur einige Finger breit über der Hand züngelte ein Funke, woraus sich langsam, immer größer werdend, eine mannshohe Flamme formte. Sie bekam Gestalt in Form eines humanoiden Wesens und bald manifestierte sich vor dem jungen Ordensritter eine menschliche Fackel, nur Augen, Ohren und Nase waren unförmig und nur leicht angedeutet. Silk ging leicht in die Knie. Er erwartete schon, was gleich darauf auch eintraf und so schwingt er die Hellebarde dem anstürmenden Wesen von unten herauf durch den Leib, bei dessen Angriff. Der Oberkörper erlosch abgetrennt, wie eine Kerze im Regen, doch der Unterkörper traf Silk ungeblockt. Deutlich konnte Argon wahrnehmen, wie sich beim Aufprall Silks Gesichtsmuskeln anspannten - offensichtlich hatte es die Wirkung des Schmerzes erzielt. Und dennoch baute sich Silk erneut auf; hielt nun die Spitze der Stabwaffe Argon entgegen und Licht fing sich in dem blanken Silber, dass es gleißend aufblitzte. „Welche Verschwendung“, hob Silk an.
Argon erwiderte nur ruhig, in arrogantem Tonfall, der ihm, wie Silk meinte, teils sogar zustand: "Nun, wer genug Macht hat, kann sie auch einsetzen. Zumal der Diener seinen Zweck erfüllt hat."
Silk trat wortlos auf Argon zu – es galt nun nicht mehr nur auszuharren. Der Rote trat langsam zurück, hob den Stab an und drehte ihn schnell vor sich. Wo er die Luft zerschnitt, flammten Funken auf. Silk schritt weiter, immer näher in die Mitte des Kreises, der das Pentagramm barg. Argon trat heraus und langsam nur begann seine Gestalt zu verschwimmen - undeutlicher zu werden – als Silk im Zentrum stand. Mit entsetztem Blick beobachtete Silk das Schauspiel, denn er hatte mit einem direkten Kampf gerechnet, doch der Priester verschwand. Der Lichte blickte sich prüfend um, denn Argon war längst nicht mehr dort zu sehen, so er vorher stand. Er konnte überall sein. So ging sein Blick wachsam umher.
Anfangs unbemerkt stiegen Ranken herauf und als Silk sie erblickte schlug er fest zu. Aus diesem Zeichen zu treten kam ihm aus irgendeinem Grunde nicht in den Sinn. Mit der langen Stabwaffe könnte er kaum schnell sich wenden, so trieb er das Blatt schneidend in einige Ranken, doch derweil banden sich weitere um seine Beine, schließlich um die Arme. Ein Tor öffnete sich neben ihm; Silks Widerstand ließ nach. Vielleicht barg diese Situation eine Möglichkeit, die sich ihm sonst nie eröffnen würde – und so sollte es sein. Wollte der Ketzer ihn umbringen, hätte er es längst getan, nein, er sollte ihm folgen und so ließ er sich schließlich bereitwillig durch das Tor ziehen.

Was sich ihm eröffnete war, was er erwartet hatte. Der Tempel Mordûls – die Feste des Herrn des Hasses! Argon warf ihm Provokationen entgegen, spottend, doch Silk erhörte ihn nicht einmal. Wachen kamen heran, Silk gab fast bereitwillig die Waffe aus der Hand. Er erwehrte sich auch nicht der Gefangennahme und so wurde er auch recht unbehelligt in den Tempel geführt.
Als er die Pforte der riesigen Halle durchquerte, eröffnete sich Silk das, wovon noch niemand bislang berichten konnte. Zumindest fand er nie eine Aufzeichnung...
Der Tempel des Mordûls erinnerte vom Grundriss an eine Kirche des Pantheons, nichts war in diesen Gefilden himmlisch und strahlend. Obgleich Statuen Mordûls und Symbolik durch Banner und Verzierungen auf Prunk und Preisung hinwiesen, so waren doch nur Fratzen erkennbar und nichts, als die Dunkelheit wurde gepriesen – Dämonen und Hass.
Stilisiert standen Skelette aufrecht an den Wänden, selbst ein Altar war erkennbar und stetig während umgab ihn eine düstere Aura – in Kälte.
Er wurde an die Wand gekettet, noch gänzlich in seiner Rüstung. Der Priester ließ ein Kohlebecken aufstellen. Es würde eine heiße Nacht werden.

Als der Rote verschwunden war, sank Silk in die Ketten herab in eine kniende Haltung, bei der seine Knie doch nicht den Boden berührten...
Es gefiel ihm nicht in diesem Tempel, zudem würde er sicher noch entsetzliche Schmerzen leiden, doch er war nun dort, wo er sein wollte. Im Tempel des Mordûl – in der Höhle des Löwen.
Silk schloss die Augen, vorsichtig tastete sein Geist umher, erkundend. Er musste finden, was er suchte, solange er noch die Kraft dazu hatte... was auch immer er suchte...

Jeder Diener Mordûls, der den Tempel betrat, würde in seiner Nähe ein deutliches Gefühl der Unbehaglichkeit verspüren. Ein Schimmern in der Finsternis...

 

Der erste Tag [Die Eisklinge – II]

Silk[KS], Ordensritter

Langsam öffnete Silk die Augen und blickte auf, hob den Kopf nur schwach. Das Reiben der eisernen Fesseln um die Handgelenke war nach der ersten Nacht deutlich unangenehm und langsam, dennoch stetig scheuerte seine Haut auf. Der Schweiß in seinen Haaren von letzter Nacht ist inzwischen wieder getrocknet und die einzelnen Strähnen verklebt. Obgleich die nächtliche Suche erfolglos blieb, fand er doch in der Erschöpfung seinen Schlaf - Schlaf, der ihm Kraft brachte und Kraft brauchte er gewiss!

Argon stand vor ihm und zum ersten Mal sah er den Priester ohne die Maske. Sein Haar war in einem fast unnatürlichen Rot gefärbt und ein sinistres Lächeln legte sich auf die Lippen des Priesters. „Ah, der Ordensritter ist erwacht. Wie habt ihr die Nacht verbracht, Wurm?!“ An Argons Ton hatte sich nichts geändert, seit der ersten Begegnung. Herablassend, spöttisch, provokant. Dieser stetig währende Ton, diese... Konsequenz, machte Argon in irgendeiner Weise leichter durchschaubar; berechenbarer und gab dem Ritter Kraft und ein Gefühl von Überlegenheit. Er bemerkte, dass die Kohlebecken entfernt wurden und nach der übermäßigen Hitze, folgte nun eine unwohlige Kälte, die langsam seinen Körper hinaufkroch. “Warm...”, stöhnte er schwach hervor, „Eine unnatürliche Wärme, wie sie nur kranke Diener Mordûls gutheißen können.“
Der Rote zeigte ihm ein verzerrtes Schmunzeln und bedeutet dann auf die Adepta. Erst jetzt nahm Silk Sheila wirklich wahr, wie sie neben dem Ketzer stand. Bei Argons Deut nickte sie dem Ritter knapp zu.
„Eure Schmeichelein werden euch keine Vorteile bringen, Narr, denn ihr seid nicht auf meine Gnade angewiesen, für welche ihr gewiss auf euren Knien flehen würdet, sondern auf die meiner Cruciata. Wisset, dass es ihre erste Aufgabe ist, Euch den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten.“
Argon wandte sich dann mit diesen Worten zu besagter Frau um - und raunte ihr seine Anweisungen leise ins Ohr. Bislang lauschte Sheila stumm dem Vortrag des Priesters. Ihr Blick ruhte dabei weiterhin auf dem Ritter. Silk blickte indes zu Sheila, erhaschte nur einen kurzen Blick, bevor er den Kopf dann senkte.
Langsam legte die Adepta schließlich den Stab zur Seite und trat auf den geketteten Mann zu.
Mit einem beifälligen „Soso...“ begutachtete sie nochmals ausgiebig ihr Versuchs"material", während der Priester still in einer bedächtigen, ruhigen Bewegung auf der Holzbank Platz nahm und den Stab über seine Knie legte. Silk blickte von unten herauf bis zu Sheilas Augen. Von dort betrachtet er ihr Gesicht und die Umrisse. Kurz erwiderte sie den Blick mit ihren klaren, blauen Augen, dann trat die recht kleine Person noch etwas näher an ihn heran.
„Junges Kind ... verdorben vom Hass ... zu einer Sklavin Mordûls“ Gar mitleidig erklang es von Silk. Abseits beobachtete der Rote die Konfrontation der beiden still - scheinbar nicht gewillt, überhaupt sein Wort zu erheben. Silks Augen huschten umher, fuhren prüfend und gar neugierig über Sheilas Körper. Eine gewisse Mattheit war zu erkennen, dennoch beobachtete er aufmerksam.
Sie wirkte recht fein gebaut. Ihr langes Haar reichte noch weit den Rücken herunter, ihre dünnen Beine steckten in einer ledernen Hose, ihr Oberteil steckt in einem recht weiten Hemd und einer weißen Weste.
Sie schenkte sie ihm kurz ein sarkastisches Lächeln. „Spart euch eure Kraft...armes Wesen...“
Mit diesen Worten zog sie, von Silk noch unbemerkt, ein kleines Messer aus dem Stiefel.
Der Priester tat sich derweil - vielleicht aus reiner Provokation dem Ritter gegenüber - an einem Leib Käse gütlich. Silk schluckte schwer beim Anblick der Nahnung.
Als die Cruciata sich schließlich langsam etwas bückte, starrte Silk nunmehr nur auf Sheila - Argon im Blick sicher ausweichend.
Schnell teilte sie seine blaue Tunika mit zwei kurzen Schnitten in drei grobe Teile, welche sie ihm dann, ohne große Anstrengung von der Brust riss. Darunter kam das blanke, unverzierte Metall zum Vorschein. Erneut glitt ihr Blick an ihm herab. Mit einem weiteren Schnitt teilte sie die Kordel des Umhangs, so dass dieser sanft zu Boden sank. Silk wich vom Messer dabei instinktiv ein wenig zurück, als es dem Gesicht so nahe kam. Das kleine Messer, welches sie dabei benutzte, wirkte eher wie ein Skalpell als wie eine Waffe.
„Angst, Ordensritter?“, klang es kurz spöttisch vom Rotgewandeten, ehe er seine Hände wieder in seinem Schoß faltete. Sheilas behandschuhten Hände führten es dabei mit äußerster Präzision; nicht das kleinste Zucken war zu sehen oder fühlen. Silk blickte zu Argon. Ein Lächeln setzte sich skurril auf sein Gesicht. Sheila hatte jede Aufmerksamkeit verloren, als ließe er sie walten, wie ein Fachmann, der es verstünde, seinen Gegenüber nicht zu verletzen.
Desinterssiert von beiden blickte die Adepta nur kurz etwas unschlüssig auf die metallene Rüstung des Ritters. Sie war mit Lederbändchen geschnürt; an den Seiten, unter den Armen, auf den Schultern. Nach kurzem Zögern packte sie ihn am Arm und versuchte ihn so etwas zur Seite zu drehen, so dass sie kurz auf seinen Rücken zu schauen vermochte. Silks Blick wanderte durch den Ruck zu Boden, er blickte nunmehr leer.
Die Adepta zog dann hastig die ledernen Handschuhe aus und legte sie neben sich zu Boden. Mit den feinen Händen nestelte sie recht geschickt die Bändchen auf der Schulter auf und zog dann, mit einem schweren Ruck, zuerst an der rechten Armpanzerung, dann an der linken und befreite ihn so von den Armschienen. Die einzelnen Panzer landen mit einem unsanften scheppern neben ihr auf dem Boden.

Argon schaute etwas angespannt auf das Amulett um Silk's Hals und schloss die Augen. Fast zuckte er, wie durch einen Nadelstich ins Gehirn verletzt, zusammen. Das Amulett schimmerte ruhig. Auch Sheilas Blick glitt auf das Amulett. Der Priester griff seinen Stab, um das Geschehnis zu umrunden und weiter sein Auge auf die Arbeit der Adepta zu halten. Kurz zog sie die Luft hörbar durch die Zähne ein, dann schien es, als würde sie kurz die Luft anhalten und näherte sich vorsichtig dem Amulett mit der Hand. Bei Sheilas Versuch funkelte es einmal hell auf, als würde ein Lichtstrahl drüberfahren.
Argon wandte seinen Blick von dem Licht ab und hielt den Arm schützend vor sich. Von Silks Brust aus, wo das Amulett an einer dünnen, silbrig glänzenden Kette hing, schien für Sheila und auch für Argon eindeutig eine Kraft auszugehen, die den eigenen Geist stört und Unwohlheit, eventuell gar Schmerz bereitete; stechend im Kopfe.
„Weiter.. Macht.. Weiter.. !“, murrte Argon leise und ließ die Hand langsam wieder sinken, um die Mauern seines Geistes zu stärken.
Die Aufgeforderte tastet hastig nach ihrem Skalpell, besah dann das Band des Amuletts, zuckte aber doch mit der Hand zurück, um schließlich das Messer zur Seite zu legen. Silk beobachtete dies alles ruhig und aufmerksam.

Sheila machte sich wieder daran die Bändchen an den Seiten der Brustpanzerung zu lösen. Die Platte ließ sich recht einfach abnehmen und sie legte sie unsanft krachend hinter sich auf den Boden.
Leise, doch nicht tonlos sprach Silk schließlich, mit einem müden, triumphalen Lächeln: „Angst...?“
Leise ächzend zog sie das Rückenteil hinter ihm hervor und ließ auch dieses zu Boden fallen. Ihr Blick glitt zu seinem Gesicht hoch, fiel dabei auch auf die Narbe, die unter Silks Kinn zu erkennen war. Kühl wirkten die Augen inzwischen...

„Sprecht nicht von Angst, Ritter... Wenn ihr dieses Gefühl selbst noch nicht einmal annähernd begriffen habt!“, kam es letztlich von der Seite.
Langsam fuhr Sheila mit der Hand über seine Wange, strich fast sanft über sein Gesicht. Als wolle er den Blick zu Argon wenden, fuhr der Kopf leicht herum, doch blieb er an Sheila haften und so beendete er diese Bewegung nicht, sondern senkte den Kopf nur leicht.
Weiter glitt die Hand über seine Wange zum Kinn hinab. Anspannung war in Silks Gesicht zu finden, doch er ließ es über sich ergehen. Dann jedoch blickte sie wieder herab und begutachtete den Verschluss der Plattenbeine.
„Genießt es doch, Ordensritter... vielleicht wird es die letzte Erregung sein, die ihr in eurem jämmerlichen Dasein verspüren werdet...?“
Sheilas Blick traf kurz emotionslos Argon und auch Silks Blick fuhr streng zum Prister herum. Während die Adepta allerdings sich bückend begann, die Bänder an den Seiten zu lösen, lächelt der Ordensritter sanft, ein überlegenes Lächeln. Langam sprach er, Argons Worten gleich: „Sprecht nicht über Dinge, wie Liebe, die ihr nicht ansatzweise versteht...“
„Liebe... Ritter... ist sie nicht nur.. Mittel zum Zweck.. ?“, war seine Antwort.
Währenddessen öffnete die Adepta die Bändchen der Beinteile.
„Wie ich sehe, Ketzer, versteht ihr nicht.“ Silk blickte prüfend herab, als Sheila die Beine berührte.
„Ketzer.. ?“, entfuhr es Argon, „Dafür werdet ihr um eine weitere Stunde brennen, Ritter und eure Seele wird weiter gestreckt, in dem unermesslichen Folterstuhl des dunklen Fürsten.“
Hitzig entgegnete Silk: „Was ist eine Stunde...“
„Nur eine unter den vielen, die ihr erleiden werdet..“, fiel ihm Argon ins Wort.
„...gegen das Fegefeuer Ayanyehs, in dem eure traurigen Seelen ewig brennen werden?“, sprach er schnell und unbeirrt, gänzlich überzeugt, heraus.
Argons Hand erhob sich in einem Anfall der Wut, doch ließ er sie wieder sinken. Silks Blick ging erneut zu Sheila herab, die ihm auch die Plattenbeine abnahm und auf den Haufen warf, um dann, sich erhebend, zurückzutreten.
„Wir geben ihm noch eine Nacht Zeit, um sich auszumalen, was passieren wird, mit seiner jämmerlichen Seele und seinem schwachen Leib. Wie wir ihn schinden, martern, und quälen werden“, sprach Argon und wieder zeichnete sich das sinistre Schmunzeln um seiner Adepta Lippen ab. Der Ritualmeister schritt am Ordensritter vorbei und streckte plötzlich heraus ihm seine Hand entgegen, ihn an der Kehle fassend. Er blickt zu dem Krieger auf und stieß dann seinen Kopf leicht zur Seite. Ein schwaches Röcheln war die Antwort, dann ließ er ab und ging. Seine Adepta folgte ihm langsam...

Silk sackte herab. Müde schloss er die Augen und begann zu zittern. Der erste Tag. Noch Kraft im Herzen, noch Reinheit im Geiste. Die stete Unreinheit die er fühlte, machte es schwer, nach anderem zu tasten. Leise murmelte er ein langes Gebet zu Ayanyeh. Skurril klang es wider, in den leeren Hallen des Mordûl...

 

Das Amulett [Eisklinge – III]

Silk[KS], Ordensritter

Er blickte zur Wand, doch da er außer dem nackten, schwarzen Stein nichts sah, konzentrierte er sich darauf, was er hörte und was er spüren konnte. Die Striemen auf seinem Rücken brannten noch immer schmerzhaft. Mit fünf Peitschenhieben wollte der Priester seinen Widerstand brechen und täglich mit fünfen mehr. „Lernt mich zu hassen“, waren seine Worte, doch verriet er Silk gleichwohl, wie er dem Roten, dem Peiniger, am längsten widerstehen konnte...

Der Priester betrat den Tempel ruhig - seine schweren Schritte hallten von den hohen, glatten Wänden wider. Aufrecht stand Silk da, die Arme erhoben, in Ketten gehalten, den Kopf leicht angewinkelt. Ein Zischen verließ die Kehle des Ritualmeisters.
„Mortem Luci, Wurm...“
„Fiat Lux!“, entgegnete Silk scharf und wandte den Kopf dorthin, wo er Argon vermutete.
Nach Anordnung des Priesters lösten die zwei schon bekannten Tempelwachen Silks Fesseln, um ihn wieder mit dem Rücken zur Wand zu drehen. Im Moment, als sie kurz gelöst wurden, kam die wundgescheuerte Haut der Handgelenke zum Vorschein. Das Amulett lag noch immer auf seiner Brust, als der Ritter sich dem Priester wieder entgegenwandte. Sinera schien Argon förmlich zu fixieren, in ihrem strafenden Blick, doch der Priester wusste sich innerhalb seines Tempels wohl sicher. Argon begann wieder, im üblich-hochmütigen Ton:
„Bislang... verzichtete ich darauf, Euren Namen zu hinterfragen. Tatsächlich jedoch will ich Euch nunmehr die Möglichkeit geben, als Held zu sterben und Euren Namen in den Landen bekannt werden zu lassen.“
„Welch’ Großmut...“, fügte Silk sarkastisch bei.
Unbeirrt sprach Argon weiter:
„Nennt ihn mir, Ordensritter... oder ist er gar bereits von solcher Schande befleckt, dass Ihr es nicht mehr wagt, ihn auszusprechen ?“
Und Silk erhob Stimme und Wort:
„Höret meinen Namen, denn er wird Euch ewig verfolgen!
Er wird mit Stolz gesprochen und der Lichte soll sich sicher wähnen, so er ihn vernimmt!
Doch Ihr, dunkler Priester, und Eure Götzen, sollt ihn nurmehr vernehmen und wissen, dass eure vergifteten Seelen baldhin gereinigt werden, im Namen der Goldglänzenden!
So spreche ich und so bin ich, Ordensritter Silk Celebdam.“
Der hohe Herr wagte in diesem Moment nicht zu atmen und fixierte das Amulett mit etwas glasigem Blicke, ehe er sich fasste und schwach einen tiefen Atemzug nahm.
Stolz weitete Silk die Brust, bei der Verlautbarung seines Namens und hob das Amulett dabei durch die Atmung pulsierend an und ab.
„Gefallener Ordensritter Celebdam. Opfer eines irrenden Glaubens. Eine Seele, nur dazu da, um beherrscht zu werden“, brachte ihm Argon daraufhin in fast bedauerndem Ton entgegen, doch Silk antwortete: „Gefallen ist einzig, wer sich Mordûl hingibt, da seine Seele zu schwach zum Kämpfen ist!“
Widerhallend bestritten Licht und Dunkel nun ein Für und Wider im sonst andächtig stillen Tempel des Mordûl zwischen kalten Wänden, nebst Tod und Hass, die dieser Ort band.
„Spürt Ihr nicht, wo Ihr seid, kleiner Tor...? Spürt Ihr nicht, wie der Hass in der Luft prickelt?“
„Ich bin im tiefsten Loch, im dreckigsten Rattennest, das dieses Land hervorbrachte. Inmitten der Finsternis!“ und Silk wähnte seine Beschreibung der Ketzerhallen auch recht treffend, wie er hinterher feststellte.
„Ihr beginnt mich zu hassen, Ordensritter, nicht wahr? So ist es gut...“, warf Argon fast in hoher Selbstüberschätzung ein, doch ging Silk nicht darauf ein, sondern fuhr nur weiter fort.
„Doch bin ich der Lichtstrahl. Das Weiß in der Schwärze.“
„Das Weiß, das von der Schwärze gefressen wird, Celebdam.
Welche Hoffnung hegt Ihr denn, diesen Ort je wieder zu verlassen?
Welche Gnade wollt Ihr erflehen?“ Die Fragen des Priesters waren eindringlich, eigentlich rhetorisch, dennoch schien Silk immer eine Antwort zu finden.
“Gnade?“, erwiderte er diesmal fragend, „Erhoffe ich nicht von einem ehrlosen Gefallenen, ohne Namen.“
„Euer Verstand ist es nicht wert, einen Namen vom Kreise seiner erhabensten Diener zu vernehmen, Celebdam“, sprach der Rote arrogant und verfiel sogleich wieder darin zu fragen.
„Wollt Ihr nicht fliehen, Celebdam?
Wollt Ihr Eure Ketten nicht sprengen?
Könntet Ihr Euch nicht winden, vor Gram und Schmerz?
Ich verlache Euch, Celebdam. Ihr seid ein Nichts und Ihr wart nie mehr als ein Nichts.“
Das Gesicht wurde ausdruckslos.

Aus den Augenwinkeln bemerkte Silk, wie langsamen, doch entschlossenen Schrittes eine Gestalt an die beiden herantrat und sein Blick wandte sich Malak zu. Der kräftig gewachsene Mann schien schon auf die vierzig Sommer zu zugehen. Seine Kleidung wirkte edel.
“Mortem Luci, Tribun”, begann Argon.
“Mortem Luci, Priester. Was hat dies hier zu bedeuten?“
„Seht, was uns der Fürst beschert hat. Eine verlorene Seele, ein gefallener Ritter, bereit, um im Höllenreich auf ewig ein Lakai des Prinzen zu werden.“ Argon machte eine Kunstpause und bis er schließlich fortfuhr:
„Seht Ihn Euch an, Tribun...“
Ein heiseres, fast kindisches Lachen überkam den Priester für einen Moment – Ausgeburt seines kranken Geistes, mit dem Mordûl viele seiner Diener zu strafen schien. Mit einem leichten Nicken sah der Tribun nach Silk, ihn für einen kurzen Augenblick musternd.
„Geschlagen, gepeinigt, gekettet...“
Und so hob der hohe Herr seinen Stab empor und die kristallerne Spitze, welche einer Bergfeste, mit unendlich vielen Türmen und Zinnen, glich, begann schwach zu leuchten, als er auf den Ritter zuschritt. Argon der Rote reckte eben jenes Konstrukt an seinem Stab Silks Amulett entgegen, wie es ruhig schimmernd bislang auf seiner Brust lag.
Silk verspürte die, von ihr ausgehende, Hitze, als würden tausende Feuer den Kristall erwärmen. Leicht wich er zurück bis an die Wand und der blanke Mauerstein legte sich auf die wunden Peitschenstriemen des Rückens und hinterließ eine unwirkliche Kälte, die weit in Silks Körper vordrang, während seiner Brust, immer näher, das verzehrende Feuer kam.
Tief blickte er Argon entgegen, unschlüssig, ungewiss, was folgen mochte.
Der Stachel näherte sich dem Abbild Sineras. Es hatte fast den Anschein, als würden zwei Welten aufeinanderprallen, wie der rot schimmernde Kristall das Metall seiner Kette zum ersten Mal berührte.
Stumm beobachtete der Tribun das Geschenen. Sein Gesicht war auf eine besondere Weise kühl und starr, mit ausdruckslosen, klaren Augen.
Silk blickte herab, schien selbst nur ansatzweise zu begreifen, was geschah.
Als der Priester die Augen schloss und jener Edelstein auf seiner Stirne pulsierte, in einem Rot -ein wahrhaftig heller, roter Ton, als würden alle Energien in seinem Körper sich auf diesen einen Fokus richten- da begann das matte Schimmern des Amuletts zu einem helleren Aufleuchten zu erstarken, als wollte es sich widersträuben, fast wie alarmiert.
Der Priester versuchte, mit dem Stab den Anhänger von der restlichen Kette zu brennen. Er bot seine Kraft gegen das Amulett auf und das Amulett schien sich wahrhaftig zu wehren! Bald fühlte Silk, wie etwas in ihm geschah, dass er nicht sofort begriff, weil er es nie zuvor kennengelernt hatte. Es war, als würde er mit der Zeit kraftloser, matter. Nicht körperlich, eher schien sich eine Müdigkeit zu erheben, wie man sie nach langer Anstrengung findet, obgleich Silk in diesem Moment seinen Körper ausgeruht und erstarkt wusste, insoweit er es nach diesen Tagen der Gefangenschaft und er Folter noch sein konnte.
Fast gleißend strahlte die Jungfrau bei dem Werke des Priesters und doch gelang es immer mehr, die Kette zu durchbrennen. Silk selbst schien äußerlich nun unglaublich angespannt und viel Kraft aufzubringen, doch musste er tatenlos zusehen. Was verwunderlich schien war, dass, so sehr er auch die drückende Wärme verspürte und die Stabesspitze gelegentlich seine Haut touchierte, diese das Fleisch, die Haut, doch nicht verbrannte, sondern gänzlich heile ließ.
Für Silk vergingen lange Minuten, bis die Kette linkerhand seines Halses endlich entzweit war, doch, soabald der Halt sich löste und die Arbeit des Ketzters vollendet war, schien es, als zog das Amulett, noch auf seiner Brust liegend, plötzlich immens viel Kraft aus ihm und er gewahrte gleich darauf, wofür, als der Rote, wie durch einen Energiestoß in seinen Torso, zurückgeschleudert wurde, dass er, fast drei Schritt zurück, auf dem Tempelboden liegen blieb, so unvorbereitet kam der Angriff – eher, das letzte Aufbäumen – des Amuletts.
Für einen kurzen Moment schnellte die rechte Augenbraue des schwarzen Paladins hoch, der alles mit ansah, wohl sichtlich anerkennend über das Werk des Priesters. Das Amulett, bald glitt es, bald fiel es, schlug schließlich zu Boden und blieb dort liegen, doch der Anhänger schien -Ayanyeh dank es!- unversehrt; nicht einmal ein Kratzer war zu erkennen...

Geschwächt durch den Kraftentzug, blickte der Ordensritter erschrocken auf den Boden. Argon hatte sich nicht einmal aufgerichtete, da rief er schon Malak keuchend entgegen: „Das Amulett, Tribun... Nehmt es!“ und stützte sich auf seinen Stab, um aufzukommen. Mit einem leichten, seitwärtsgerichteten Nicken, wohl abwägend, schritt der Paladin Mordûls daraufhin mit langgezogenen Schritten vor und beugte sich nach dem Amulett. In den Ketten noch zog Silk sich, mit der letzten Kraft, die er hatte, einem Verzweiflungsakt gleich, mit den Armen hoch, als Malak sich näherte. Er hob letztlich vom Boden ab und trat, mit schneller Bewegung und dem genutzten Abwärtsschwung, beidbeinig nach dem Tribun, einzig ein Wort hervorstöhnend: „Fort!“
Den Angriff hatte der Dunkle wohl nicht erwartet, so traf der Schlag ihn hart gegen die Schulter, dass er einige Schritte zurücktaumelte. Silk selbst prallte rückwärts gegen die Wand, sodass er nur in den Ketten hängen blieb und sank endlich erschöpft herab, der Priester jedoch sah den stauchelnden Tribun nicht mehr rechtzeitig kommen und so prallte jener gegen seinen Oberkörper, was ihn widerum gegen die Steinwand schleuderte und ihn leise aufstöhnen ließ. Im selben Augenblick fahren Malaks Hände zurück, wohl um Argon vor einem Sturz zu schützen.
„Diener der Finsternis, wagt es nicht, ins Licht zu greifen, ihr werden daran vergehen!“ Mühsam brachte Silk es hervor, in seiner Stimme schien nun wahrlich und endlich ein tieferer Ansatz von Hass zu finden, jedoch bemerkenswert wenig für einen Menschen, dem es doch nicht an Glaubenssträke mangelte; die in seinen Grundfesten so erschüttert wurde.
Der Priester drückte sich stöhnend wieder von der Wand ab und fixierte den Ordensritter wütend. „Tor! Elender Tor!“, rief er, bevor er, wieder gemäßigter, eine ruhige Bewegung vollführte und über die Stabesspitze streichelte. Eine kreisrunde Bewegung und sie entflammte abermals, dabei schien eine der Zinnen zu wachsen und spitzer zu werden. Offensichtlich linderte das so immense Interesse am Amulett Silks seine Aufmerksamkeit und seinen Hass auf den Ordensritter selbst, dass er sich bald wieder von Silk ab- und dem Artefakt zuwandt, das sich nun auf dem kalten Steinboden der Halle befand, völlig ohne einen Schimmer. Malak hatte sich von seinem ungläubigen Blick auf den Gefangenen gelöst, den er nach seinem Aufbegehren inne hatte und richtete sich nun wieder, den Fußabdruck von dem edlen Hemd wischend.
Bald zügelte auch Silk sich, denn rief er sich wieder ins Gedächtnis, zu was der Priester ihn bringen wollte und in seinem Kopf hallten die Worte „Lernt mich zu hassen“ wieder. Das war es, was er vermeiden musste! Das war es, was seinen Geist verdarb und er wusste, dass es ihm möglich war, sich dem vorzuenthalten, war sein Geist doch reiner, als der so vieler anderer, nachdem Priester Mendan Khor –geheiligt werde sein Name, vor der Goldglänzenden!- ihn von der schwarzen Seele befreite, die ihn besessen hatte; vor ihr und fast allem Schlechten, das er in sich trug. So starrte er zum Boden; starrte auf das Abbild der Jungfrau. Er zittert nun stark, als die Kälte der Wand in seinen innerlich kraftlosen Körper kroch und er sah nurmehr mit an...

Den Stab von sich gestreckt, versuchte der Priester Mordûls mit jener Zinne seines Stabes nun das Amulett des Ritters aufzugabeln. Es gelang ihm ohne Weiteres. Des Kultisten Stab zitterte leicht, als er das Amulett an den Tribun weiterreichte. „Nehmt es... nehmt es!“
Unentschlossen griff Malak Rhantyr nach dem Amulett und beäugte es. Das Leuchten im Stab erlosch, als der Anhänger der Jungfrau in die Hände des Paladins glitt. Er ließ es vor seinem Gesicht auf und ab pendeln, während er die Augen verengte und das Bildnis mit unverhohlenem Interesse musterte. Sichtliches Unbehagen war aus seinem Ausdruck heraus erkennbar, dennoch schien vorerst die Neugier zu siegen.
Das Bildnis der Jungfrau war unglaublich gut gearbeitet. Klein und doch aufwendig verziert waren Panzerung und Schwert, selbst das Gesicht war schön gearbeitet, doch ihr Blick war strafend und es schien, direkt Malak in die Augen gerichtet.
Der Priester taumelte etwas zurück und verharrte im Zwischengang der beiden Kirchenbänke, seinen Stock mit beiden Händen fassend und zwischen den beiden Kriegern hin und her blickend.
Als könnte er den Blick dieser Frau nicht länger ertragen, eilte Malak Rhantyr rasch auf den Altar zu und knallte wuchtig das Amulett auf den schwarzen Stein. Fast schien es, als würde der schwarze Stein dem Amulett nachgeben und als würde das Metall in den Altar hineinsinken, doch vielleicht war dies auch nur eine Täuschung...
Silk bemerkte, dass selbst sein Atem nun bemerkbar von einem Zittern begleitet wurde, so besann er sich, versuchte ruhiger zu atmen, schloss sogar die Augen und schließlich begann er monoton zu murmeln, lang und hastig, aber stet.
„Lasst es... liegen, Tribun...“, murmelt Argon, etwas geistesabwesend.
Sichtlich erleichtert, das Amulett endlich aus den Händen zu haben, trat der Angesprochene einen knappen Schritt vom Altar zurück. „Wir sollten es zerstören....“, kam es trocken.
Schließlich endete Silk hörbar:
„Gib mit Kraft und leite mich...“
„Nein... seine Kraft ist korrumpierbar“, sprach Argon, ohne Silks Worte zu beachten oder ihnen Vorrang zu lassen, „Lasst es uns _für_ den Fürsten verwenden.“
„...denn wo Licht ist, muss Schatten weichen!“, murmelt auch Silk ohne Unterbrechung weiter.“
„Lasst uns... seine Macht verderben!“
Laut hallten die letzten Worte Silks, fast ankämpfend gegen Argons Stimme, dass niemand im Tempel es überhören konnte und so dass seine Worte kraftvoll erklangen:
“In nomine luctis... Fiat Lux!“

„SCHWEIGT ENDLICH!“
Es war ein Gebet zu hören. Eines der vielen, die Silk sich mit der Zeit eingeprägt hatte und die ihm immer wieder Kraft gaben; Kraft, die er nun brauchte und die sich langsam wieder sammelte, tief in ihm. Hastig dennoch blickte er auf, zu Malak, bei dessen harschem Befehl, und er gehorchte sogar. Vielleicht instinktiv, aufgrund der mächtigen, befehlsgewohnten Stimme des Tribuns, die so viel Authorität in sich barg, vielleicht auch aus Respekt vor dem dunklen Paladin Malak Rhantyr und eben dieser Stimme, vielleicht auch einzig, da Silk nichts mehr zu sagen wusste, war sein Gebet doch beendet und hatte er hervorgebracht, was er sagen wollte. Es legte sich innig eine tiefe Zufriedenheit über Silk, als er bemerkte, wie sehr er sich, in seinen Fesseln, selbst noch an diesem unheiligen Ort, den Kultisten widersetzen konnte.
Er blickte so auf Malak, der mit einer bedrohlich raschen Bewegung ihm den Arm entgegenstreckte, den Finger auf ihn gerichtet, so atmete der Paladin durch, schien sich langsam wieder von seinem Ausbruch zu erholen.
Erwartend hob Silk die Brust, baute sich auf. Den Paladin fast fordernd.
Der Priester atmete angestrengt und etwas schneller, schließlich schritt er nach vorne und stellte sich neben den Tribun.
„Denn wo Licht ist, muss Schatten weichen....!“, wiederholte Silk schnell und tonlos, bedrohlich.
Malak wandte sich daraufhin, nach einer kurzen Pause, wieder dem Priester an seiner Seite zu. Argon der Rote flüstert leise zu dem Tribun, eher schwach, kehlig, heiser, kommen die Worte über seine Lippen, die Silk nicht hören kann.
„Die Mauern seines Verstandes... reichen hoch. Meine Ranken können nicht hoch genug schlagen, um sie einzureißen.“
„So gefestigt ist sein Glaube?“, fragte Malak ungläubig, doch dem Wort des Priesters vertrauend. Er erhielt keine Antwort, erwartete wohl auch keine, als Argon fortfuhr: „Lasst mich versuchen etwas über dieses Amulett herauszufinden! Vielleicht ist es der Schlüssel...“, dann wandte der Kultist seinen Kopf wieder zu Silk. Ein verzerrtes, sadistisches Lächeln zierte sein Antlitz.
„Wie lang könnt Ihr wohl ohne Euren Talisman bestehen, Celebdam?“
Er schwieg.
Der Priester murmelte zur Seite. Malaks Blick von dem Altar abwendend drehte er sich in die Richtung Silks, hatte er vorher doch unbeirrt auf das Amulett gestarrt.
„Sein Geist... ist so unberührt und rein...“
Der von beiden Gemusterte senkte den Blick als fürchtete er, einer der Gegenüber könnte durch seine Augen hineinsehen und tief in seinem Geist ergründen, was sie suchten.
„Es wird lange dauern, ihn zu formen. Wollt Ihr diese Bürde denn auf Euch nehmen?“, zweifelte Malak und Argon gab nur zögerlich seine Antwort.
„Ich... weiß es noch nicht. Ich muss erfahren, was es mit diesem verfluchten Amulett auf sich hat!“ Der Stab des Priesters klopfte drei Mal auf den steinernen Boden. „Ich muss unverzüglich aufbrechen...“
Leise hauchte Silk ihm mutig entgegen. „Angst....?“ Wohl unwahrscheinlich viel Kraft musste er aufbringen, um sich so zu halten.
„Narr!“, der Priester fauchte und trat vor, in einem Anflug seines Zorns, doch -zeichen seiner eigenen Schwäche- verpasste er ihm eine Ohrfeige. Silks Kopf ruckt zur Seite, dann blickte er Argon entgegen. Der Ritualmeister drehte sich um und schnaubte dem Tribun "Mortem Luci" entgegen. Er wandte sich auf dem Stiefelabsatz um und eilte aus demTempel, scheinbar keine Notiz mehr von der Umgebung nehmend. Ein wortloses Nicken und der Blick des Paladins wurdem dem Priester noch hinterhergesandt.
Silk senkt den Kopf schwach, doch ein siegesgewisses Lächeln mag für Malak noch zu sehen sein. Er bricht schließlich erschöpft vor dem Paladin zusammen.
Einen kurzen Augenblick zucken Malaks Gesichtsmuskeln und lassen die Lippen eine Art des Lächelns ausdrücken, das keinesfalls gut gemeint schien.
Der Ordensritter verharrte wieder in kniender Position, obgleich die Knie den Boden nicht erreichen. Nachdem er so wieder etwas Kraft gesammelt hatte hob er den Kopf wieder an. Blickte Malak schwach und wie ausgeliefert entgegen.
„Kühn seid Ihr.. beeindruckend, wie Ihr euer Leben auf's Spiel setzt“, sprach der Tribun überlegen zu Silk herab, „Doch wofür dies alles?“
Silk blickt schließlich auf das Amulett. „Vielleicht ist es mir bestimmt...“
Er sprach leise, offenherzig, als würde vor ihm ein guter Freund stehen, dem er sich mitteilen wollte, dem man vertrauen konnte. Als er gewahrte, dass dem ganz und gar nicht so war, schalt er sich innerlich einen Narren darum. Kurz folgte der Blick des Paladins dem Silks und mit einem wissenden Lächeln trat er vor.
“Für Sinera also?“
“Für...
... die Heilige...
...für Ayanyeh, für Agharam, für Caihume...
...für das Pantheon, das Licht, die Hoffnung...
Mehr...?“, zählte er auf und endete schließlich offen.
„Ihr würdet also tatsächlich euer Leben für diese groteske Hure mit ihren heuchelnden Freiern wegwerfen?“ Scharf waren die Worte des Schwarzen, doch belustigt wirkten sie zugleich.
“Hure...?” Silk sah ihn sogar milde lächelnd an.
„Erbärmlich ist ihr Antlitz, geschaffen von den Spinnerein der Hilflosen und Schwachen. Ihr könntet doch so viel mehr sein.“ Beinahe klagend sprach er diesen letzten Satz aus, während sein Gesicht fast mitleidende Züge annahm.
Offenes Interesse ließ Silk in seinem Gesicht erkennen.
„Sprecht nur...sprecht heraus!“, kam es auffordernd, wohl auf ihn eingehend.
„Ein Diener des Allmächtigen, ein beschreiter des wahren Weges...“, hob Malak preisend erneut an, doch er kam nicht weit, als Silk ihn nach dem ersten Satz schon unterbrach und wieder schien das Wortgefecht zwischen Licht und Dunkel in vollem Gange.
„Der ‚wahre’ Weg ist ein schmaler Grat. Er liegt in Finsternis“, erwiderte Silk erklärend, fast klang es sogar hinterfragend. „Man tritt schnell fehl.“
Der Paladin ging darauf nicht ein, er sprach ruhig weiter auf Silk zu:
„Oder wollt Ihr lieber den Heldentot für Eure“, herablassend klang es nun „Göttin sterben? Denkt nach, womöglich war Euer Weg der falsche...?!“
„Will ich sterben?... wo man meinen Namen draußen kennt, ihn ruft... hier in der Tiefe der Finsternis?! Verrotten in einem Grabmal aus Hass und schwarzem Gift?“
Er scheint abzuwägen, doch seinen Worten nach ist dieses Zögern nur als verbitterte Ironie zu verstehen. „...oder will ich leben?... selbst in Schwärze. Könnte mich niemals wieder unter die Sonne trauen. Wäre verachtet von Menschenwort. Ausgespien, wie Dreck...unwürdig vor Mensch und Tier und den Göttern?!“
Er lächelt.
Starr hingegen ist Malaks Blick auf ihn gerichtet, ausdruckslos.
„Kann ich erwarten, nach dem Tode weiterzuleben... oder in Mordûls Hallen vergessen zu werden? Kann ich hoffen Licht zu bringen, in den Reihen des himmlischen Feldherren, nicht mehr auf Seandomhan, doch im Himmelsreich? Sehr wohl!
Doch sicher kann ich nicht erhoffen, dass Mordûl, meinen für ihn armselige Geist je hernach erheben wird. Mordûl ist ein schlechter Herr, dunkler Tribun!“, endet er richtend.
„Kein Herr für mich.“
Wieder beginnt Malak, der bis dahin schweigend Silks Vortrag gelauscht hatte:
„Ein besserer als Eure Herrin, immerhin liegt Ihr durch sie hier in Ketten und es obliegt alleine Mordûls Willen, was mit Euch geschehen mag. Denkt Ihr, Eure Götter scheren sich um Euch? Wo sind sie in dieser, für Euch dunklen, Zeit?“
„Die Heilige und die Lichten bringen mich hierher auf Erden. Mordûl mag hierin anders entscheiden. Im Lichte kann ich mich frei wissen, nach dem Tode... im Dunkel, bleibe ich Sklave Mordûls.“
„Ist das nicht eine armselige Ausrede?“
Silk schmunzelte.
„Sie erhält meine Glaubenskraft, erhält meinen Willen, meinen Geist. Kann sie so armselig sein?“
„Kein Sklave würdet Ihr sein, ein Diener des Mächtigen, ein Schaffer hier auf Erden. Nicht sie tut dies, Ihr seid es, der sich in gutgläubigen Lügen sicher fühlt und hofft erlöst zu werden“
„Lügen redet Ihr dem nach, von dem Ihr nichts wisst“, warf Silk nur ein.
„Der Einfluss Eurer Göttin hat hier wenig Wirkung, vertraut mir: Nur das wahre Wort Mordûls wird hier niemals verstummen.“
Silk blickte zum Amulett, das auf dem Altar des Dämonenfürsten lag, hell schimmernd, als Lichtpunkt in der Schwärze des Altarsteines, so strafte es stumm ein wenig des Paladins Worte Lügen. Als er das bemerkte verfinsterte sich Malak Rhantyrs Blick mit einem Male und trachtete nach dem Amulett, gierig, in zerstörerrischer Wut.
„Wollt Ihr es?
Haben? Vernichten? Besitzen?
Hm?”
Lockte Silk, als er den Blick deuten konnte. Malak Rhantyrs Hand führte er an das Heft der Klinge und ließ sie mit einem leisen Surren aus der Scheide gleiten.
„Nur zu...“, leise sprach er ihm zu, innerlich wissend, dass er diese Fassade der Gleichgültigkeit aufrecht halten musste; keine Schwäche zeigen durfte.
„Besitzen? Vermag ich dies?“, die Frage war deutlich rhetorisch.
„Wohl kaum“, anwortete Silk zustimmend, da die Antwort, die kommen musste, obwohl sie nicht erwartet wurde, „Nein“ lauten würde.
„Zerstören? Ist es möglich?“
Und wieder entgegnete Silk frei heraus:
„Vielleicht...?!“
„Und wenn schon....was bringt es an Nutzen?“
Silk lächelte leicht. „Ein Lichtpunkt im Dunkel kann erlischen.“ Er sprach dem Paladin fast zu, das Amulett zu zerstören, doch dann entgegnete dieser etwas, das Silk vollends überraschte: „Ich lasse es Euch... Ihr könnt Euch daran verzehren und...verzweifeln.“ „Ihr.... lasst es mir?“, klang es verwirrt.
- Zeichen einer Schwäche – wie unachtsam! Wieder ein Schelten... -
„Eine Waffe des Feindes in die Hand, die sie gegen Euch zu wenden vermag?“
„Gewiss.... Ihr könnt Euch in seiner Nähe sicher fühlen, doch Ihr werdet feststellen, dass Ihr alleine seid...“, entgegnete der Paladin überheblich und ließ die Klinge dann mit einer dezenten Handbewegung wieder in der Scheide einrasten.
“So...?“, Silk suchte schon wieder nach dem nächsten Konter, „Allein, in einer Gemeinschaft aus Klingen Sineras. Allein im Glauben in einer Gemeinschaft der Diener Ayanyehs?“
„Ich sehe hier keine Gemeinschaft...“
„Auch ich sehe sie nicht... und doch _weiß_ um sie!“
„Keiner Eurer Brüder wäre bereit sich für Euch zu opfern. Keiner wird kommen, Ihr werdet vergessen werden. Von ihnen und Euren Göttern.“
„Schwächlich...“, bewertete Silk nun, „... so mag es im Herzen eines Dieners des Falschen sein. Ihr würdet gewisslich nicht suchen, nach einem Bruder im Glauben, im Herzen. Ihr versteht so wenig vom Lichte, Tribun der Ketzer um Mordûl.“
„So wie Ihr? Ich weiß was euer Licht den Menschen zufügt...“
„Es heilt“, war Silks unaufgeforderte Antwort darauf.
„Es belügt, betrügt sie. Nützt Euren Glauben aus...“
„Wunden, die die Schwärze fügt.“
„...und wozu dies? Weil sie in unserem Kampf eine gespielte Herausforderung sehen. Eine Belustigung“, versuchte der Paladin des Schwarzen Fürsten Silk zu eröffnen.
„Eine Belustigung der Schmerzen...?
Eine Belustigung der Menschenopfer...?
Eine Belustigung so vieler Tränen...?
Oh nein...“, klang es von Silk nun teils verbittert, teils belustigt, „...niemals!“
Erneut hallt es dunkel wider Silk: „Ihr seid die Täter, die Schöpfer.... nicht wir. Tief in Eurem Herzen werdet Ihr die Wahrheit kennen und wenn nicht wird Mordûl Euren Geist erleuchten und Ihr werdet endlich verstehen, wer Ihr wart und wer Ihr sein werdet...“
Selbstsicher sprach Silk:
„Ich weiß, wer ich war, woher ich komme, woraus ich entstand.
Ich weiß, wer ich bin, meinen Namen, meine Taten, meine Ideale.
Die Zukunft ist ungewiss... doch zweifelsohne kann ich sagen: Vergangenheit und Gegenwart nahmen eine Richtung, die die Zukunft zum Lichte weist.“
„Ein Blinder wart und seid Ihr noch. Ihr klammert Euch an geheuchelte Wahrheiten“, klingt es in einem Spott, der nun nicht mehr belächelnd war, sondern ernst und streng, gleichwohl überzeugt.
„Geheuchelte Wahrheiten, die einen Priester staucheln lassen? Heucheleien, die mich Diener Mordûls mit dem Tode strafen lassen?“ Er lächelt sachte, wissend, überzeugt, dass dem nicht so war, wie der Kultist sprach.
„Diese Wahrheiten sind so real, wie ich, meine Vergangenheit, meine Gegenwart und mein Geist.“
„Noch ist ungewiss, ob Ihr sterben werdet“, branchte Malak noch einmal hervor.
„Noch ist aller Ende ungewiss, Tribun der Ketzer.“

Zwei Kultisten betraten nun langsam den, vorher bis auf Ordensritter und Paladin leeren, Tempel des Mordûl andächtig. Ein abgehacktes, dumpfes "Hm" war von Malaks Seite aus zu vernehmen, doch auch das Lächeln Silks verschwandt. Wohl war es beiden nicht recht, vor Publikum fortzufahren. „Ihr werdet bald feststellen, was Euch Eure Wahrheit kosten wird... und was unsere Euch geben wird.“ Malak beendete damit den Kampf und auch Silk entfuhr nur ein zustimmendes gleichsam widerstrebendes „In nomine luctis, amen!“ Devier blickte kurz zu dem Gefangenen und dann wieder zum Tribun. Inzwischen waren beide Neuankömmlinge heran und Devier begann mit etwas gemäßigter und ruhiger Stimme:
„Mortem Luci.....“
Silk blickte kurz, streng zu Devier, als wollte er ihn gar damit zurechtweisen. „Fiat Lux, Ketzer!“, es klang belehrend.
Auch Malak schloss endlich mit „Gloria Mordûl, et sanctum nomen eius“, bevor er den Umhang zur Seite schwang und von ihm abließ. Cara Ni'Cairil verengte leicht die Augen und schaute zu Silk. Auch Deviers kalten Augen musterten ihn kurz und leicht belustigtes Lächeln begleitet es.
„Seid ein Gast in den Hallen Mordûls... Eure Beleidigungen werden mit Liebe vernommen werden...“, klang es wieder spottend von Malak, der doch von Silk abgewandt stand, wenngleich auch für Silk bestimmt und er antwortete: „Liebe aus fünf Schlägen. Jeden Tag werden es fünf mehr“, so zitierte er Argon.
Kurz streckte der Paladin beide Arme gen Himmel, flehend. „Mortem Luci!“ Den Blick geradeaus gerichtet schritt er durch die beiden hindurch, kein Gruß ertönte, er schien in Gedanken zu schweben, so blieb auch Deviers Frage unbeantwortet: „Warum werden seine verblendeten Worte in diesen Hallen geduldet?“
Devier und Cara, nun auch Malak, als er abtritt, verloren bald Silks Interesse. Beide wandten sich ebenso ab und verließen den Ort.

Silks Gedanken rekapitulierten die Begegnung mit dem Tribun. Ein starker Gegner, mit dem er nicht gerechnet hatte! Er zauderte, ob er der Macht beider gemein widerstehen konnte - sein Blick fiel auf den Altar zum entfernten Amulett – gerade jetzt?!

 

Das Amulett [Eisklinge – III]

Malak Rhantyr

"Welche Gnade wollt ihr erflehen?" - "Gnade?"
Bedächtigen Schrittes betrat er den Tempel.
Kühl wirkten die Fassaden der schwärzlich schimmernden Kathedrale. Ein mächtiges Bauwerk, geschaffen zur Huldigung des Dunklen Prinzen, rief sein Antlitz schon von weiter Ferne Ehrfurcht und Entsetzen in den Herzen der Wesen lichter Gesinnung hervor.
Argwöhnisch liess der dunkle Paladin seinen Blick durch das finstre Heim schweifen, angelockt vom Licht, bewegt vom Hass, so trat er näher in die Richtung des Altars.
"Ich verachte euch, Celebdam..Ihr seid ein Nichts und ihr wart nie mehr als ein Nichts"
Erneut hallten die Worte des Priesters durch den Raum und drückten eine Tiefe des Hasses aus; unbeschreibbar, abgrundtief und aus vollster Überzeugung gesprochen, als würde er versuchen mit ihnen zu töten.
"Eine verlorene Seele, ein gefallener Ritter..Bereit auf ewig ein Lakai des Prinzen zu werden..Seht ihn euch an"
Geschunden war sein Körper, gepeinigt von mehreren Peitschenhieben, angekettet und hilflos verloren im Reich des Dunklen drückte die Haltung des Mannes dennoch eine Form der stillen Grösse aus, wie man sie nur von Menschen des Glaubens in grösster Not erwarten konnte. Und nur die wenigsten dieser würden die Qualen, die ihnen der dunkle Prinz durch seine Diener offenbart, mit solch eiserner Entschlossenheit empfangen, ohne die Hoffnung auf Hilfe ihrer Angebeteten zu verlieren. Dieser Umstand weckte das Interesse des Paladins, wohl steckte mehr hinter dem rund 25 Sommer alten Burschen, der nun hilflos mitansehen musste, wie der Priester unter all seiner Machtaufbietung versuchte das Amulett, in Form einer bewappneten Jungfrau von Silks Hals zu entfernen. Fast gleißend erstrahle das Abbild des Anhängers, als der Rote seinen Stab emporhob und mit dem Kristall an der Spitze das Metall der Kette berührte. Macht bot sich ihm entgegen, Macht mit der er nicht gerechnet hatte. Keinen Augenblick später wurde der Priester mit einem Handwisch zu Boden geworfen, wie auch das Amulett, dass krachend auf dem Marmor niederging.
"Das Amulett..Tribun..Nehmt es!"
Fasziniert von der Kraft des Amulettes trat er näher und beugte das Knie. Gerade wollte er nach dem Gegenstand greifen, als plötzlich ein unerwarteter, harter Fusstritt die Schulter traf und er zurücktaumeln musste, um nicht zu stürzen.
"Fort!", stöhnte Celebdam bevor er selbst vom Schwung gegen die Wand gedrückt wurde und die Stimme ihm für einen kurzen Augenblick ihren Dienst verweigerte.
Mitgenommen von der Wucht des Paladins stürzte der Priester nach hinten, ungeschützt, dass nicht mal die Hand Malaks ihn halten konnte.
"Diener des Dunkel, wagt es nicht ins Licht zu greifen, ihr werdet daran vergehen!" - "Elender Tor!"
Mit einer müßigen Handbewegung fuhr der Paladin über die getroffene Stelle und versuchte den beschmutzten Teil des Hemdes davonzuwischen. Erzürnt von der frevlerischen Tat des Gefangenen griff der Priester erneut nach seinem Stab und trat vor. Langsam verformte sich das Werkzeug des Roten um das Schmuckstück vom Boden zu gabeln.
"Nehmt es...Nehmt es"
Voll unentschlossener Faszination griff der Paladin nach dem Amulett und liess es vor seinem Gesicht auf und ab pendeln. Unglaublich gut war das Bildnis ausgearbeitet, das Gesicht, so gestochen scharf, liess es den Paladin kurz stocken, bevor er es mit einer raschen Handbewegung auf den dunklen Altar knallte. Erleichtert das Stück endlich aus den Händen zu haben wendete er sich wieder den beiden zu.
"In nomine luctis..Fiat lux!"
Ungläubig weiteten sich die Augen des Paladins. Angestachelt von den Worten steigerte sich seine Wut mit erschreckendem Eifer.
"SCHWEIGT ENDLICH!" bellte er Celebdam entgegen, während er seinen Arm ausstreckte und mit dem Zeigefinger drohend auf ihn deutete. Die Worte veranlassten jeden im Raum für einen kurzen Augenblick zu schweigen, als würde ihnen das Blut in den Adern gefrieren, so hatte es zumindest den Anschein. Langsam kam der Priester auf die Beine, schwach, heiser, kehlig ertönten die Worte..
"Die Mauern seines Verstandes...Sie reichen hoch. Das Amulett, es scheint ein Schlüssel zu sein, seine Macht könnte von Nutzen sein. Ich muss erfahren was es mit diesem verfluchten Ding auf sich hat"
"..Angst?", brachte Celebdam dem Priester entgegen, der ihm daraufhin, in einem Ansturm aus Zorn, eine Ohrfeige beibrachte und mit einem schnaubenden "Mortem Luci" die Kathedrale verliess.
Schmunzelnd trat der Paladin nun näher, den in den Ketten eingesackten Silk mit unverhohlenem Interesse betrachtend. Er war zugegebenermassen beeindruckt von der willensstarken Haltung des Gefangenen. Selten wurde ihm ein solcher Anblick zuteil. Die meisten krochen auf der Stelle, flehten um Gnade und preisten den dunklen Fürsten mit ängstlichen, hysterischen Worten. Alles hatte er gesehen, doch dieser Mann war längst nicht gebrochen, so nahm der Paladin diese einladende Herausforderung mit tiefer Befriedigung und Vorfreude an.
Es folgte ein Gefecht der Worte, ein Glaubenskampf, wie man ihn normal nur mit Schwertern austrägt, um einen raschen, endgültigen Sieg davonzutragen. Für den einen war es eine Prüfung, für den anderen Genugtuung und doch war es für beide eine Sache des Stolzes ihres jeweiligen Gottes. Vieles, wenn auch so unterschiedlich, hatten sie gemein. Beide waren sie überzeugt von ihrer Wahrheit und doch bot sie dem anderen immer wieder Lücken.
Solchen Widerstand hatte er nicht erwartet, er fluchte innerlich und musste sich beherrschen Silk nicht auf der Stelle zu töten, bis ihm der Blick des Ritters auf das Amulett aufscheuchte. "Schwäche..Nur eine Frage der Zeit, alle Ketzer tragen sie mit sich, man müsste nur danach suchen" dachte sich der dunkle Paladin, als er den Blick auf das Amulett verfinsterte und diesem Gegestand mit zerstörerrischer Wut nachtrachtete.
Auch Celebdam entging dieser Blick nicht und rasch stellte er die Frage, auf die der Paladin insgeheim gehofft hatte.
"Wollt ihr es? Haben? Vernichten? Besitzen?"
Beinahe demonstrativ zog Malak die Klinge mit einem weiten Bogen aus der Scheide und betrachtete die Schneidseite des edlen Mordinstruments.
"Besitzen? Vermag ich dies?...Zerstören? Ist es möglich?...Welchen Nutzen hätte es?"
Nein, die Antworten auf seine Fragen waren für ihn belanglos. Längst wusste er was er damit anstellen würde. Er wuerde es ihm lassen..Wie einem angeketteten Hund den Knochen vor der Nase.
"Ich lasse es euch...Verzehrt euch an dem Anblick und verzweifelt!"
Belustigt blickte er auf Silk, er war sich siegessicher, wenn nicht heute, dann wäre Silk morgen, in einer Woche oder in einem Monat gebrochen, wenn er denn noch leben sollte.
Erneut entbrannte der Glaubenskampf, doch diesmal war es für den Paladin anders. Kein einziges Mal überkam ihn der Zorn, ob der Worte Silks, er sprach ruhig, sich seines Gewinnes sicher. Wut und Hass kosteten den Paladin nur Kraft, er würde diese Mittel nur in ausweglosen Situationen anwenden und dies war nun keine mehr. Er beherrschte sich, liess seinem Gegenüber nun mehr keine Einblicke in seine Gefühle. Seine Worte waren dennoch böser Natur, sie alle hatten ihren Sinn und Zweck, dies würde sich bei ihrem nächsten Gespräch herausstellen, doch stand er nun über den Dingen. Auch wenn die Wortgewandheit Celebdams seiner ebenbürtig war, so hatte dieser Ritter noch zu lernen. Einen Kampf führt man nicht nur gegen seinen Feind, nein, man kämpft vorallem gegen sich. An dieser Weisheit hielt der Paladin fest, sie bestätigte sich doch immer wieder, wie auch diesmal, so schien es ihm zumindest.
Das Gespräch war beendet, dachte sich Malak, als Cara und Devier die Kathedrale betraten.
Er würde dem Ritter nun Zeit geben nachzudenken..Er würde gegen sich selbst kämpfen müssen, er würde gegen seine eigenen Zweifel bestehen müssen...An diesem dunklen Ort, wo Schatten selbst Schatten warfen, unbefleckt vom Wirken der lichten Götter war dies sein Gefängnis..

 

Risse in den Wällen [Eisklinge - IV]

Silk [KS], Ordensritter

Als er die Augen aufschlug, war jeder Schmerz wie gegangen. All die Qualen, all das Leid, schienen fort, nur eine Leere der Gefühle, fast eine erlösende Taubheit, umhüllte ihn, dass er keine Wunde mehr zu verspüren mochte. _Danach_ hatte er so lang gesehnt, in seiner Zeit der Folter und der Entbehrung im dunklen Tempel des Mordûl, dem er nunmehr entronnen schien! – Ayanyeh sei Dank! - Silk schlug die weiße Decke beiseite, die ihn gewärmt hatte und erhob sich von seiner Bettstatt. Der Raum, in dem er sich befand, schien nicht groß, doch Licht fiel hell herein und beschien den matt-gelben Sandstein der Wände, die unter anderem mit großen Teppichen behangen waren. Er fand nur eine Kutte, die er sich bald überwarf und öffnete die eichenhölzerne Tür ohne Mühen. Silk trat hindurch und befand sich in einer immens großen, lichten Halle wieder, die mit demselben Material errichten worden war, aus dem auch das gesamte Gebäude zu bestehen schien. Große Fenster nahe der endlos hohen Decke, ließen güldene Lichtstrahlen einfallen und in all dem Tempel schien es nicht einen Schatten zu geben, als würde das Licht von überall her strahlen. Silk bewegte sich langsam und vorsichtig in der braunen Kutte durch die Halle, sich umsehend und erfreuend an der Stille, die herrschte. Die großen, reich verzierten Säulen zu beider Seiten trugen die Emporen und es zeichneten sich bisweilen Altane ab, die wohl Ausblick über die gesamte Halle geben mochten, doch Silk blieb inmitten des Saals, ohne eine der etwas versteckten Aufgänge zu nutzen, die ihn heraufgeführt hätten.
Den Blick weiter schweifen lassend, lenkte er ihn vor sich und erblickte einen Altar, erhöht auf einem weiten Podest, das ganz aus Marmor schien und hell leuchtete im Sonnenlicht, jedoch angenehm für die Augen. Der Altar selbst war ganz mit Gold verziert und ein Meisterwerk seiner Art, einzig einer Göttin, wie Ayanyeh würdig!
In gold-gelber Kutte empfing ihn ein Priester am Altar, mit warmem Lächeln. Er legte vorsichtig die Hand über Silks Stirn und er fühlte die Kraft der Göttin selbst, als würde er genesen; würde alle Last ablegen, nur um zu sein – nicht mehr; nur sein.
Silk schloss die Augen und nahm nun den angenehmen Geruch von Weihrauch wahr, der ihn dünn umhüllte und aus der Stille heraus war ganz schwach ein Chor vernehmbar. Die sanften Stillen klangen bald deutlicher an sein Ohr und in friedlicher Seligkeit lauschte er dem einstimmigen Klang des Männerchors, der stetig das Wort „Sinera“ dreisilbig intonierte...
Schwach öffnete er die Augen wieder und blickte auf den Altar herab, wie apathisch genießend, in Gedanken an die Jungfrau, den Blick immer auf dem Amulett der Heiligen – _seinem_ Amulett... seinem Amulett?!

Silk riss die Augen auf, das Amulett lag noch auf dem schwarzen, kalten Stein des kantig behauenen Altars, wie hineingeschlagen. Der Geruch von Weihrauch war entschwunden, dafür schlug ihm nun der Geruch aus altem salzig-klebrigen Schweiß und den eigenen nun getrockneten Fäkalien des Körpers entgegen und rief einen Brechreiz hervor, gegen den er bald, doch mit Mühen, die Oberhand errang und sich schließlich beherrschte. Er wandte den Blick vom Altar ab und sah seinen Knappen von einem Blitz niedergestreckt, bevor ankündigend, plötzlich aus dem Nichts stärker werdend, der gesamte Schmerz seines Körpers auf einmal wiederkam und ihn selige, traumlose Schwärze umfing.

...

Er schluckte den Schleim, der sich in seiner trockenen Kehle gebildet hatte hinunter, sich nur mit Anstrengung beherrschend. Taram lag vor ihm auf dem Boden, bewusstlos. Sein Knappe, sein Schützling, der von ihm lernen sollte, lag vor ihm zu Boden und hatte den Herrn erblicken müssen, wie er schutzlos in Ketten hing. Silks Gestank übertraf sicher den eines ungewaschenen Orken und ein dunkler Fleck zwangsläufig verrichteter Notdurft zeichnete sich auf der Hose ab. Seine Haare waren verklebt und verdreckt, sein Gesicht ungepflegt, dass wild Bartstummeln wuchsen und er zitterte am ganzen Leib, bei jedem Atemzug. Das Emblem der Jungfrau hatte man ihm entrissen. So musste er sich seinem Knappen nun zeigen! Seinem Knappen, der gebrochen vor ihm lag – Ayanyeh dank es, in gnädiger Ohnmacht. Scham wuchs in ihm und sein Stolz war ebenso am Boden, wie der Knappe, doch gleichsam wallte nun überwältigender Hass in ihm auf. Hass auf diese Metze, die Taram brachte, seine Wunden mit Salz noch mehr brennen ließ. Sie hatte ihr Versprechen wahr gemacht und dem Jungen vor seines Herren Augen Demut gebracht, so würde er, mit dem Eifer der Gerechtigkeit Ayanyehs, seinen Schwur ebenso wahr machen:
Er selbst sollte der Bannstrahl sein, der über ihr herabfahren würde und das Feuer Agharams soll der Ketzerin Hülle brennen lassen, dass selbst ihre Seele aus Schwärze gereinigt werde!

Er musste sich befreien, musste Kräfte sammeln um herniederfahren zu können, bei Sinera! Und er musste dieser Schmach entkommen, die auf ihm lastete. Taram sollte den Herrn nicht bei Sinnen wissen, so er selbst erwachte. Silk wusste, er würde den Blick des Knappen nicht ertragen...

Ein starker Hustenanfall ließ ihn des Nachts erwachen und er spuckte bisweilen Blut. Sein Knappe war fort und allein Ayanyeh weiß wohl, wo nun war – möge sie ihn in Obhut aufnehmen..... oder möge es Yaháne tun!

In die Mauern seines Geistes fuhren Risse, wollten den Hass einlassen, doch die hielten ihm noch stand; noch diese Nacht. Doch wie lange vermochte er dem Priester noch standhalten; wie lange, ohne die Heilige bei sich zu wissen?! Wie lange...?

Das schlechte Vorbild des Knappens Taram

Allya Galadhir... Anwärterin des Kultes

Etwas nervös, aber voller Ungeduld stand Allya mitten einer Wiese. Ihr Umhang wehte sanft in den Winden und ein schwarzes Wappen, indem ein blutroter Stern sich befand, zierte jenes flatternde etwas. Saratica war nicht weit von ihr, dass wusste Allya. Wie ein Schatten verborgen wartet sie ebenso wie Allya auf den Knappen Taram. Und nun war es soweit, wie erwartet kam er nicht alleine und während Taram seine ketzerischen Worte wieder gegen sie erhob umkreiste sein Begleiter das Gebiet wie ein Geier, um es abzusuchen. Er fand Saratica nicht, erleichtert atmete Allya aus. Taram erkannt die Waffen, welche Allya von der Tempelwand extra für diese Treffen aufnahm, Silks seines Herren. Um so aufgebrachter schien er nun, aber es war Allya egal hatte sie nur ein Ziel...seinen Tod...sofort ohne Zeit zu vergeuten, ging sie auf ihn zu. Die Spitze der Hellebarde auf ihn gerichtet, aber kurz als sie bei ihm war, bemerkte sie einen dritten Mann. Etwas verunsichert hielt sie kurz inne, aber desto trotz holte sie mit der schweren Waffe aus und liess sie gen Taram herab fahren. Er stand nur da, breitete seine Arme etwas aus „ so unendlich naiv“, doch Allya zögerte nicht wusste sie ihr Ziel, ihn zu töten, dafür zu rächen was er ihr antat, seine Worte ein für alle mal auslöschen. Es war nicht ihre Waffe, das merkte sie nun, etwas ungeschickt kam jene schwere Waffe auf und fand keinen Halt um sich in das Fleisch zu schneiden. Aber sofort glich sie ihr Versagen aus und brachte ihn mit Hilfe des Stangenendes zum Fall. Ein kurzes Umwuchten der schweren Waffe und die metallene Spitze war auf seinen Hals gerichtet. Sie zögerte nicht, schnell holte sie etwas aus und stach zu. Doch plötzlich drückte etwas gegen das Blatt und die Waffe wurde umgelenkt, so dass jene mit der Kraft, die Taram töten sollte, neben seinen Schädel in die Erde sich rammte. Es wurde hektisch Taram und gleichzeitig an andere brachten Allya zu Fall und bedrohlich nahe kam der dritte auf sie zugeschritten. Doch ein leises flüstern, mit einer für Allya wohlbekannten Stimme, liess einen Zauber um Allya legen, der sie schützen mochte. Die Klingen Sineras merkten wohl, dass noch jemand anderes hier sein musste. Die Verwirrung der Verblendeten wurde immer grösser, wohl die Angst überkam sie. Allya nutze dies und gewann wieder Abstand von der fast fatalen Lage.
Wirr War ergriff wieder die Lage. Allya griff erneut an, doch die Magiekundigen schützen ihn, liessen seinen Tot nicht zu. Aber trotzdem waren sie Allya und dem Schatten, welcher sehr auf Allya achtete, nicht gewachsen. Wie sollten sie auch Mordûl`s Kraft war um einiges mächtiger als ihr Irrglaube. Und so war der Sieg eine reine Sache der Zeit. Doch als sie auf Taram herabblickte und Saratica zu ihr trat, musste sie an den Austausch im Wäldchen mit ihr denken. „ soll sein Tod etwas warten, er wird mir doch noch ein wenig nützlich sein“ , dachte sich Allya und zusammen mit Saratica brachte sie den Knappen in den Tempel, wo jener auf das Pentagramm vor dem Altar befestigt und seiner Kleider entledigt wurde.
Zuerst machte Allya Saratica klar, warum jener Knappe ihren Hass verdiente, aber nur wenig Unmut erkannte Allya bei ihr. Sie knieten sich jeweils an Tarams Seiten herab und kurz mit unschuldiger Mine tapste Allya in eine, in der Schulter befindenden, Schnittwunde. Sofort schrie er vor Schmerzen und Pein auf. Allya deutete es Saratica es nun zu tun, aber ihre Worte von unreinen Blut waren nur Ausflüchte davor. Allya atmete tief aus und so begann sie Saratica eine Lüge mitzuteilen und wirklich, Jene berührte die Stelle und zusätzlich übte sie Druck auf die Wunde aus. Wieder schrie er auf und Allya`s Zufriedenheit stieg an. Doch trotz dieser Pein schimpfte und fluchte der Knappe noch immer voller Kehle. Allya war es so Leid und griff mit ihren Fingerspitzen tief in das Innere der Wunde und wieder ergötzte sie sich an dessen reine Hilflosigkeit. Es verging etwas Zeit, für Taram mussten es Jahre der totalen Pein und Folter gewesen sein, als just in dem Moment Devier und Cara den Tempel betratten. Demütig und voller Respekt wichen die beiden Anwärterinen zurück und warteten ab. Cara fragte wer das sei und was er hier wolle, so reichte Allya ihr die Antwort, während Devier sie wohl persönlich von Taram wollte. Ein gewaltiger Blitz zuckte in Tarams Körper, als er „Sieg dem Licht“ Devier als Antwort gab und Allya bemerkte Cara`s Missfallen. „ Was hast du den von mir gelernt?“ wollte sie von Allya wissen, als Taram noch immer nicht den Respekt entgegenbrachte den er in dieser Situation wohl geben sollte. Und auch Devier missfiellen die ketzerischen Ausrufe des Knappen. „Wenn er noch einmal solche ketzerischen Worte schwingt...reisst ihm die Zunge raus“, befahl schliesslich Devier. Kurz wendete der Magier sich dem Verblendeten zu und vollbrachte das was Allya und Saraticia wohl nicht vermochten zu schaffen, dem Knappen Furcht und Respekt vor seiner Lage klar zu machen. Erst verwundert, aber um so erfreuter vernahm sie den leisen Wunsch von Saraticia ihm, wenn es soweit sein sollte die Zunge raus schneiden zu dürfen. So schnell wie Cara und Devier erschienen sind verschwanden jene auch wieder. Allya und Saratica wollten sich ihren Spielzeug wieder zuwenden, aber Devier hatte wohl für Heute alles abverlangt was möglich war. Besinnungslos und geschändeten Körpers liessen sie ihn angekettet im Pentagramm, zu Füssen seines Ritters liegen.

 

Qualen

Taram [KS], Knappe des Silk

 

Als er erwachte fühlte er sofort jeden Zentimeter seines geschundenen Körpers. Langsam klärte sich der dunkle Nebel vor seinen Augen, ein starker Schleier blieb jedoch. Nur schemenhaft konnte er die Umgebung wahrnehmen. Da viel es ihm Stück für Stück wieder ein. Das Treffen mit der Kultistin an der Grenze, Waffe gegen Informationen, dann der Kampf, die Schwärze, danach das Erwachen im unheiligen Gemäuer des Mordûl Tempels.
Stundenlang hatten Allya und ihre Schülerin ihn gequält. Ewigkeiten der Qual und Pein hatte er durchlebt, doch war sein Willen noch stark gewesen, gewehrt hatte er sich mit den Worten der heiligen Jungfrau. Doch dieser Widerstand wurde spätestens gebrochen als Devier kam. Die Macht des Dunklen schien von den Wänden des Tempels, aus seiner Luft um ihn verstärkt zu wehen. Noch ein letztes „Sieg dem Licht“ brachte der junge Mann hervor, bevor die dunkle Magie seinen Körper und seinen Geist brach. Neue Dunkelheit..............................................
Als er schmerzhaft geweckt wurde, thronten die beiden Peinigerinnen wieder über ihm. Alles was er davon noch wußte war, Peitsche und Salz, Schmerzen und Leid, Fingernägel und tiefe Risse im Fleisch.
Immer noch klärte sich der Nebel vor seinen Augen nicht. Seine geschundenen Glieder zuckten schmerzhaft zusammen, als er sich daran erinnerte, wie Cara ihm ein Pulver in die Augen gestreut hatte, welches ihm unsägliche Schmerzen bereitet hatte, blind war er gewesen. Bis plötzlich kühles Nass die Schmerzen etwas linderte. Feine Hände versuchten seine Augen auszuwaschen, nur schemenhaft konnte er die Gestalt wahrnehmen. „Verschwindet!“ zischte Taram, er wollte sich von einer Dienerin des Bösen niemals helfen lassen, lieber wäre er blind.
Er wandte den Kopf und blickte zu seinem Herrn, welcher immernoch, regungslos, ausgezehrt und geschunden an der Wand nahe ihm hing. Immerhin war er mit seinem Herrn vereint, im Glauben noch stark, auch wenn er ihn nicht mehr äußern konnte............................................

Ein letzter Gedanke, bevor er wieder in Schwärze viel, schenkte er seinen Brüdern: "Sie werden kommen!"

 

Der Anfang vom Ende [Eisklinge - V]

Kitara, Angelique & Silk

 

Alkabin griff seine Hellebarde fester und kniff die Augen etwas zusammen, während er den Blick erneut umherschweifen ließ. Ein beißender Wind, der durch den Bund der ehemals freien Länder bließ, machte ihm das Wachestehen so unerträglich, wie nur möglich und schränkte, ebenso wie die angebrochene Nacht, noch dazu die Sicht ein. Der Wind trugt die Asche und den Geruch von Blut mit sich. Beides Überreste vergangener Schlachten, welche hier stattfanden.
Dennoch würde er keine Schwäche zeigen. Schwäche bedeutete den Tod. Er war stolz darauf, Mordûl als Wache des Kultes dienen zu können und was ist ein kalter Wind gegen die Erlösung?
"He Alkabin, sieh dort!" Alkabins Blick folgte dem Deut der anderen Wache. Jemand bewegte sich auf den Tempel zu und sogleich nahm Alkabin seine Waffe in beide Hände und musterte die sich nähernde Person. Die Haltung zeugte davon, dass es sich um einen Verletzten handelte.. Nein, eine Verletzte. Lange dunkle Haare flatterten wild im Wind und die Körperformen deuteten auf eine Frau hin. "Ich seh' mir das mal an..", raunte Alkabin zur anderen Wache und ging langsam auf die Frau zu. Bei jedem Schritt konnte er mehr erkennen. Etwas mit großen Klauen musste die Frau angefallen haben. Ihre Lederrüstung hing an vielen Stellen in Fetzen und lange rote Streifen waren darunter erkennbar. Im ersten Moment dachte Alkabin, dass ein Jungdrache über die Frau hergefallen war und ... aber dann wäre sie nicht mehr am Leben.
Einen Moment lang weiteten sich die Augen von Alkabin, als er die Farben des Kultes erkannte. Eilige Schritte brachten ihn zu der Frau und seine Augen weiteten sich noch mehr, als er keine sterbende Kultistin erblickte, sondern zwei kalte blaue Augen die ihn aufgeregt anfunkelten ....
"Sie werden kommen, hörst du, sie werden kommen...!!"
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Sie hatte vielleicht seit Stunden schon kein Wort mehr von sich gegeben. Lediglich Thorn, ihr Pferd, hatte sich über ein leises Flüstern von ihr freuen können. Sie hatte sich vorbereitet für das Treffen in der Feste der Wächter, doch noch war nicht der Moment gekommen, zu ihnen zu stoßen. Etwas Wichtigeres lenkte die Hufe des Schimmels weiter gen Osten durch den Wald auf den Pfad, der bald an der Pforte zum alten Tempel enden würde.
Stumm trat sie ein und ihr Blick fiel auf die Statuen an den Seiten. Langsam ging sie zu ihnen und berührte sie sanft. Bei jeder der sechsen hielt sie eine Weile an und schien in Erinnerungen zu schwelgen. Bald würde die Zeit gekommen sein, wo sie die Theorien anwenden musste. Sie spürte regelrecht, dass sie die Schatten anstarrten, die sich hier noch irgendwo versteckt hielten. Warteten sie ab, was sie tun würde? Sie wusste es nicht. Ein viel größerer Schatten lag nicht nur auf ihr, sondern auf all ihren Freunden. Seit sie die Nachricht von Taram erhalten hatte, hatte sie Zeit genug gehabt, darüber zu sinnieren.
Die Frau von vielleicht 26 Sommern wandte sich, nachdem sie die letzte Statue losgelassen hatte, dem Altar zu. In einem gewissen Abstand zum üblichen Platz, kniete sie nun nieder und senkte demütig das Haupt. In ihrem Geiste formte sie Worte, doch verwarf sie diese sogleich wieder. Der erste Gedanke für sich zu bitten, verflog dann, als sie erneut an Mendan denken musste, wie er dort vor dem Altar gelegen hatte. Und so begann sie langsam zu sprechen.
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Durch die stete Dunkelheit des Dämonenfürsten Tempel brach einzig ein Lichtstrahl, der sich auf dem Pentagramm am Boden vor Silk legte. Doch selbst dieser verlorene Lichtstrahl schien in einem dumpfen Rotton, als wäre er selbst aus Blut und wolle Silk wahrlich verhöhnen. Licht, nach dem er so verlangte, das ihm so viel Hoffnung und Kraft geben sollte, war selbst in seiner spärlichen Menge, wie es in den Ketzertempel einfiel, vom Kultus verunreinigt und ließ an jeder Freude fehlen. Ayanyeh war hier nur noch schwach zu fühlen – an Silk zehrte dieser Ort, wie Nichts zuvor.
Er hatte Hunger und es fehlte ihm an Kraft, so konnte er sich kaum mehr auf den eigenen Beinen halten. Die Stoppeln im Gesicht und die verfilzten Haare fingen den klebrigen, stinkenden Schweiß und der Umstand, dass er nur wenig Nahrung bekam, behütete ihn davon an seiner eigenen Notdurft umzukommen, wenngleich ihm das Unvermeidliche auch fast die Sinne raubte. Zu dem Pein, der Scham, dieser Schmach, lebte er noch mit dem wohl niemals abklingenden Brennen seiner Haut, den Schlägen der Peitsche des Priesters entstammend. Die Hiebe, die seiner Wunden sich niemals schließen lassen wollten, trafen nun mehr kaum noch auf Haut, sondern lediglich auf nacktes Fleisch, Eiter der Narben und vor allem getrocknetes Blut. Am Tage geschlagen, spuckte er hustend Blut in der Nacht. Einem Husten, der ihm seinen Schlaf, das Sammeln seiner Wehr, um den Peinigern zu widerstehen, raubte.
Hasste er den Priester? Den Kult? Diese Metze, die selbst seinen Schutzbefohlenen peinigen konnte, während er hilflos zusah? - Ja!
Nein! – Er schüttelte seinen Kopf, um ihn klar zu bekommen. – Das durfte er nicht! Er durfte nicht hassen; musste sich wehren! Durfte nicht aufgeben, sich nicht hingeben, doch es war so schwer... und jeden Tag brachen seine Wälle ein Stückweit mehr. Er hoffte auf Erlösung, hoffte endlich auf Rettung; sonst würde sein Geist letztlich fallen und mir ihm alle Hoffnung.
Der Priester, den er so verachtete, kniete vor ihm, betend zu seinem finstren Götzen. Die rote Robe legte sich auf den kalt-schwarzen Steinboden vor dem Altar, auf dem düster nur noch das Amulett Silks mit dem Abbild Sineras lag. Das sonore Murmeln ließ Silk keine Ruhe und jedes „Mortem Luci“ war für ihn wie ein Schlag mitten ins Gesicht. Er konnte sich nicht konzentrieren, um ein Gebet Ayanyehs zu rezitieren. Er musste es ertragen.
Sein Blick fiel sofort auf die Pforte der Halle, als eine Wache hindurchstürmte. Die Rüstung schepperte leicht beim schnellen Schritt und hinter Argon wartete sie ab, dass sich der Priester seiner annehmen würde. Er schaute kurz auf den geketteten Silk, doch kein gehässiges Grinsen überzog seinen Mund. Keine tiefe Zufriedenheit legte sich auf seine Züge. Es war nur Hast und eine innere Aufgewühltheit zu erkennen.
Der Priester wandte sich um und schon als er ansetzen wollte, den Wächter zu schelten, hob dieser an. „Hoher Priester, verzeiht, doch Kitara ist zurück! Schlimm zugerichtet und will Euch sprechen!“
Der Rote übersah das anmaßende Verhalten des Wächters, bei dessen Botschaft gänzlich und wortlos eilte er sofort gen Ausgang, um sich selbst davon zu überzeugen. Obgleich der Eile fiel Silk auf, bewegte sich der Priester dennoch würdevoll über den Hallenboden und seine Robe schien fast zu schweben. Der Wächte folgte stramm.
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Silk sollte nun Zeit zum Ausruhen bekommen. Den restlichen Tag, bis zum Abend hin, wurde der Tempel selten betreten und niemand quälte ihn in dieser Zeit. Aber ob das für ihn wirklich etwas beruhigendes war?
Erst am Abend bekam er wieder Besuch. Eine Frau, mit welcher er noch nicht das Vergnügen hatte, betrat den Tempel. Sie war in ein blutrotes Kleid gehüllt und ging mit anmutigen Schritten auf Silk zu. Ihre schwarzen Haare schienen noch leicht feucht und frisch gekämmt. Immer wieder erweckte ihr Kleid den Eindruck fast durchsichtig zu sein, nur um im nächsten Moment wieder keine Blicke hindurch zu lassen. Entweder schien das Licht im Tempel für diese Täuschungen verantwortlich zu sein oder es war genau jenes Licht welches dafür sorgte, dass man nicht durch den dünnen Stoff sehen konnte...
Kitara blieb einige Schritte von Silk entfernt stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann legte sie den Kopf zur Seite und musterte ihn ausgiebig. Der Blick der klaren blauen Augen huschte über den geschundenen Körper, bevor sie feststellte "Ihr stinkt." und im Plauderton fortfuhr. "So sagt, junger Streiter des Lichtes, wer hat Euch nur so zugerichtet?". "Willenlose Sklaven, nur dem Dämonen dienend, können solch Werk vollbringen. Menschen, deren Herz aus der Brust gerissen ward. Schaut mich nur an... so werdet ihr euch nach dem Leben wissen." entgegnete Silk keuchend - das Sprechen schien im doch Schmerzen zu bereiten. Unbeirrt fuhr Kitara so fort: "Selbst die möchten Euch nicht foltern, so wie ihr riecht... aber keine Sorge, ich werde veranlassen, dass man Euch reinigt, sonst würde ich mich selbst quälen. Doch lasst uns das Thema zu etwas Angenehmeren wechseln."
Kitara wartete einen Moment, doch als Silk nichts entgegnete, fuhr sie fort. "Man sagte mir das Euer Glauben stark sei und allein der Wunsch Euch völlig zu brechen wäre der Grund, dass Ihr noch unter den Lebenden weilt.
Ich könnte Euch Mordûl nahe bringen, ich könnte Euch die Wahrheit zeigen. Doch selbst ein Blinder würde jene eher erkennen als Ihr, ein Verblendeter..."
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Andernorts klangen die Worte Angeliques im Gemäuer des alten Tempels wider:
„Oh Ayanyeh, Herrin des Lichts,
erleuchte den Weg zu einem Freund,
auf dass er seinen Ort preisgebe für alle, die an Dich glauben.
Gefangen in der Finsternis, bedarf er Deiner Hilfe.
Gib ihm Kraft, dem Griff der Dunkelheit zu widerstehen!
Deine immerwährende Wärme solle die verbrennen,
welche sich an ihm vergreifen.“
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Silk lauschte nur stumm den Worten Kitaras, deren Bedeutungen seinen labilen Geist fluteten und fortwährend gegen dessen Mauern schlugen; sie bröckeln ließen. Silk musste sich dem hingeben, konnte sich nicht erwehren, als ihre Angriffe unerwidert auf ihn eindragen und ihn gleichsam zermürbten. Seine Augen zeugten von tiefem Schmerz und sahen nur noch flehendlich zu Kitara auf. Er wandte sich vor ihr in den Ketten, doch konnte er nicht entfliehen.
Dann blitze etwas auf und Silk blickte geradewegs auf das, noch immer auf dem Schrein liegende, Amulett der Jungfrau. Seine Brauen hoben sich und das Gesicht nahm nun einen dankbaren, hoffnungsvollen, sich hingebenden Ausdruck an. Silk sog langsam Luft ein. Präsentierend hob sich seine Brust und geschwillt streckte er sich Kitara entgegen, als erwartete er nur mehr. Sollte sie doch fortfahren – ihn würde sie nicht brechen. Wer war sie schon... nur eine Kultistin! Er fand wieder Kraft im Glauben...
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„Oh Ayanyeh, Herrin der Wahrheit,
lasse uns erkennen, welches die Feinde sind,
derer wir uns zu erwehren haben.
Deine Worte, nach denen wir leben, soll sie läutern
und abwenden lassen von ihrem falschen Pfad
unsre Aufgabe sie zu richten ist es nicht,
nur Du, oh Herrin, lenkst unsere Taten.“
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"Wie könnt ihr an Eure Ideale glauben? Wie kann man Schwächen als 'wahre' Stärken preisen? Seid ihr so verblendet, dass ihr nicht einmal das erkennt? Doch seid ihr hier um zu lernen..
Hass ist Stärke. Und er, der Herrscher über den Hass, wird sich am Ende über die anderen erheben. Unsere Schwerter, geschwungen voller Hass, werden die Euren zerschmettern und Euer Blut, welches Mordûl gehört, welches durch unser aller Adern fließt, wird die Erde tränken. An diesem letzten Tag wird Mordûl selbst Ayanyeh richten und seinen Thron auf dieser Welt einnehmen..."
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Im Schuss jagte der Reiter über die beiderseits bewaldete Landstraße, immerfort seinem Ziel entgegen. Stolz flatterte der bläuliche Umhang im Winde und sicher hielt er die Tasche an seiner Seite. Die Tasche, die so wichtige Nachricht für ihre Verbündeten, ihre Helfer, barg. Auf seinem Botengang war er noch leicht gerüstet, doch sobald sein Auftrag erledigt war, würde er wieder zu den Seinen zurückkehren und, wie sie, Plattenschienen anlegen. Sie rüsteten zum Kampf und es würde ein Kampf sondergleichen werden.
Es würde in dieser Schlacht nicht mehr darum gehen, Silk zu befreien, es würde einzig der Sieg gegen den Kult zählen! Ein Sieg im ewigen Kampf, doch sollte es ein bedeutender Sieg werden und die strahlenden Legionen des Lichtes allein würden hernach noch unter dem wehenden Bannern ihrer Mächte stehen. Gemeinsam unter dem strahlend blauen Himmel, gemeinsam im Lichte Ayanyehs!
Seine Nachrichten zu überbringen, die kündeten, wer der Feind sei und Meldung machten, sich zu rüsten; denn man zöge in den Krieg!
So erdachte er es sich und so wollte er es geschehen wissen, drum jagte er davon, einem Bündnis entgegen.
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Kurz hielt sie inne, doch nach wenigen Momenten fuhr sie nun deutlich leiser fort.
„Ayanyeh, die Göttin deren Weg ich folge,
Du leitetest mich bislang und stolz bin ich darob,
klar nun der Weg, der mir aufgezeigt und zu Dir führt,
an Deiner statt will ich das Schwert erheben gegen jene
welche Deine Worte schmähen.“
Langsam aber erhob sich wieder ihre Stimme.
„Du lehrtest mich, das Wort zu führen und so will ich es weiterhin tun.
Für die Wahrheit
Für die Gerechtigkeit
Für das Licht
Für Ayanyeh
Gepriesen seiest Du und Dein Wort wird erklingen in aller Ohren.
Dies, als meine Aufgabe, sehe ich nun.
Dein Vertrauen werd’ ich nicht enttäuschen.
Das gelobe ich Dir.
Für die Wahrheit
Für die Gerechtigkeit
Für das Licht
Für Ayanyeh!“
Die letzten Worte verließen kämpferisch ihre Lippen.
Es mochte einige Zeit vergehen, bis sie sich wieder erhob. Stolz nun das Haupt erhoben und voller Glanz die Augen, begab sie sich nun wieder zu ihrem wartenden Pferd und verschwand alsbald wieder im Westen, dem Weg nach Vesper folgend.
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"Aber so lasst Euch eine Geschichte über einen Eurer Freunde erzählen." Kitara verfiel wieder in den Plauderton. "Ich bin mir sicher, dass ihr Euch über eine Geschichte freut, nicht wahr? Und ich bin mir sicher sie handelt von Eurem Freund... ihr erkennt das hier sicher, ich trage es immer an meinem Herzen..." Während Kitara mit unschuldiger Stimme die Worte sprach, nahm sie das um ihren Hals hängende Amulett ab und ließ es vor Silks Augen baumeln. Das Amulett hatte die Form einer Sonne, eine recht feine Arbeit, welche man normalerweise nur den Zwergen zuschreiben würde. Silk schien das Amulett wirklich zu kennen, denn seine Augen weiteten sich "Woher... Woher, du....!" Sogleich fiel ihm Kitaras ins Wort. "Oh, ihr kennt ihn? Ich hab ihn auf dem Weg nach Trinsic getroffen. Und wisst ihr was dann geschah..?" Sie beugte sich weit vor und flüsterte etwas in Silks Ohr, als wäre es ein Geheimnis.
Bei jedem geflüsterten Wort wurde Silks Miene finsterer, bevor er sich plötzlich in einem verzweifelten Wutanfall in den Ketten aufbäumte, als wolle er Kitara angreifen.
"Verdammtes Kultistenweib! DU VERDAMMTE... Ich werde Dich... HURE!!" Verzweiflung schwang in der erzürnten Stimme mit, während er ebenso verzweifelt an den Ketten zog. Kitara war einen Schritt zurückgewichen und sah ihn amüsiert an. Den Kopf ungläubig schüttelnd zog Silk weiter an den Ketten, doch dauerte es nicht lange bis ihm seine letzten Kraftreserven ausgingen und er völlig erschöpft zusammensackte. Seine Züge waren von den Schmerzen gezeichnet und er keuchte. Schließlich trat sie wieder vor und beugte sich zu ihm hinab. Ihre weichen Lippen küssten seine Wange, bevor sie hauchte.. "Und du bist der Nächste..."
Stille.
Erst nach einer Weile durchdrang Kitaras helles Lachen die Stille im Tempel.
"Oh Lichtkrieger, wisset das dies ein Ende sein wird, das sich viele wünschen werden. Denn SIE werden kommen. Wir werden das Tor öffnen, und dann werden SIE kommen. Schätzt Euch glücklich, dass ihr nicht an diesem letzten Tag kämpfen müsst."
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Der Paladin Ayanyehs; sein Vorbild, Idol... gemartert von dem grausamen Wesen, das darüber nur lachte. Schmerz überwandt ihn und er fühlte neben dem Seelenschmerz noch etwas anderes, dunkles, in ihm wachsen. Es erhob sich, nicht schnell, doch dafür unaufhaltsam in ihm, seiner Brust und seinem Kopfe. An seinem inneren Auge rauschten die Bilder erschlagener Wehrloser vorbei, Bilder von Folterinstrumenten, die sich blutig in sein Fleisch schnitten, die Bilder des gedemütigten, geschlagenen Knappen, der vor ihm kniete, die Bilder eines gemarteten, gemordeten Lichtkriegers, der auch sein Freund war und blankes Entsetzen eröffnete sich ihm über das, was er nun fühlte. Er hatte dieses Gefühl schon erlebt, doch niemals – niemals! – fühlte er es in solch immenser Intensität. Es wallte in ihm auf und drohte ihn gar zu verderben... doch es war schlimmer: Es überwältigte und verschlang ihn! Wie wild riss er an den ehernen Ketten, wollte die Kultistin Mordûls mit eigenen Händen zerfetzen und innerlich spürte er, wie Höllenfeuer brennend, seine Niederlage. Er hatte den Kampf verloren; den Kampf Verstand gegen Gefühl – den Kampf Licht gegen Dunkel, der nun, auf den zerklüfteten Schlachtfeldern seiner Seele, Ausmaße angenommen hatte, die jeder Hoffnung bar lagen. Er HASSTE einen Hass, der neue Kraft brachte; verdorbene Kraft, die seinen lichten Geist zerfraß und litt einen grausamen Tod...

 

Das Ende der Qualen [Eisklinge - VI]

Malak Rhantyr & Silk Celebdam

 

Schon von Weitem konnte er den krankhaften Husten Silks aus den Hallen des Tempels vernehmen. Ein Röcheln, als er den eitrigen Schleim aus den Lungen stieß, ein Zeichen für seine wohl fortschreitende Krankheit. "Ein Wunder, dass er nicht Blut spuckt, nicht auf der Stelle zusammenbricht und um Hilfe fleht", dachte sich der dunkle Paladin überrascht und gleichzeitig anerkennend, wusste er doch, wie es war wochenlang am kalten Stein zu kauern, ohne Hoffnung auf Rettung oder der Freiheit. Warum lebte er noch, dieser Ordensritter, dessen Standfestigkeit und Ausdauer überaus beeindruckend, beinahe unmenschlich war. Wie lange würde er diese Qualen wohl noch aushalten, es war Malak ein Rätsel. Heute würde er ihn erneut testen, auf eine andere Art. Er würde ihm die Ketten nehmen, ihm wieder Hoffnung geben, doch nicht ohne Weiteres.
Schon als er den Tempel betrat, langsam an den Bänken vorbeischritt, bedacht seine Schritte nicht zu laut zu setzen, in den heiligen Hallen des Fürsten, wusste er wie er mit Silk umzugehen hatte. Er würde ihm entgegenkommen, ihm ein Minimum an Respekt und Vertrauen zollen, immerhin hatte er sich einen Teil seiner Achtung verdient, auch wenn er sein Feind war. War er das tatsächlich? Einen Feind galt es zu bekämpfen, doch was, wenn dieser Feind nicht mehr im Stande war zu kämpfen, wenn ein Kampf keinen Sinn mehr hatte. Die wochenlangen Torturen hatten ihn gezeichnet, schlecht sah er aus, doch hatte seine Haltung nur wenig an ihrer einstigen Würde eingebüßt. Wenn er nun auch gewaschen war, der Gestank nun erträglicher war, war er wohl geschlagen. Seltsamerweise fühlte sich der Paladin keinesfalls als Sieger, nein es gab keinen Sieger. Auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, so konnte er sicherlich noch etwas von diesem Feind lernen, war er ihm doch beinahe ebenbürtig gewesen. Er musste sich vorstellen, wie wohl alles gewesen wäre, hätten sie sich am Schlachtfeld begegnet, beide ausgeruht und bereit den anderen um jeden Preis zu töten. Er hätte diesen Ordensritter mit anderen Augen gesehen, nicht als beachtenswerte Person, sondern als einen der unzähligen Verblendeten, als einen Gegner ohne Gesicht. Doch langsam erkannte er diesen Mann, waren sie sich doch so gleich, einzig der Glaube trennte sie voneinander. Er dachte zurück, wie er mit demselben Eifer in seinen jungen Jahren die Gefangennahme aushielt. Wie er spottend über die Verblendeten herfiel, sie verhöhnte während er jeden Peitschenhieb mit eiserner Entschlossenheit aushielt. Manchmal schrie er vor Schmerz, doch waren seine Schreie nur Lobpreisungen an den Prinzen. So musste es sich wohl auch mit diesem Ordensritter verhalten, dachte er sich. Doch was, wenn ihm Mordûl nicht zur Seite gestanden hätte? Schnell verdrängte er diesen Gedanken, nein schon der Ansatz ließ ihm ein schnelles, inneres Stoßgebet an den Prinzen über die Lippen kommen. Er hatte sich zu sehr mit diesem Ordensritter beschäftigt, hatte sich insgeheim mit ihm verglichen, er hielt inne.
"Wie geht es unserem Gast heute? War die Nachtruhe angenehm?" - "Kalt, wie immer in diesem Tempel", sprach Silk mit entkräfteter Stimme, keinesfalls rebellisch oder klagend, wie man es erwartet hätte. "Ich verstehe...", antwortete der Tribun dann gehalten, mit beinahe mitleidendem Tonfall, wie zu einem verletzten Freund.
"Tribun des Kultes, ist euer Gastrecht immer so eingeschränkt?"
Auf eine gewisse Weise missfiel ihm diese Frage, was hatte er denn erwartet, dieser Ordensritter? "Es hängt von unserem Besuch ab, wisst ihr", versicherte ihm der Dunkle, als er erkannte, dass diese Frage eher aus ehrlichem Interesse, als aus subtilem Trotz heraus gestellt wurde. "Ich werde euch eine Robe bringen.." Mit einem innbrünstigen Nicken bedankte sich Silk Celebdam, als Malak aus der Kathedrale schritt und mit der versprochenen Robe und etwas Essbaren zurückkam. Mit einem Wink ließ er Silk von einem der Novizen die Kleidung anlegen, während er das silberne Tablett auf der ersten Bankreihe abstellte. Der Blick auf das Essen verriet Silk, man merkte wie er sich ertappt fühlte, als er den Blick rasch abwendete. "Ihr habt lange ausgehalten, beeindruckend lange. Hier, als Entschädigung für eure Unannehmlichkeiten" - "Danke" entgegnete ihm Silk tonlos, mit apathischer Leere in den Augen. "Sagt... Reicht euch mein Ehrenwort, nicht zu fliehen, es sei denn, ich werde befreit... damit ich diese Fesseln loswerde?" - "Selbst wenn ihr fliehen könntet, würdet ihr das tatsächlich wollen?" Selbst für den Paladin war das eine interessante Frage, die ihm unbeabsichtigt neue Ansätze eröffnete, wie er später feststellte.
Auch Silk schien überrascht, ließ sich anmerken, wie er über diese Frage nachdachte, sich eine Antwort durch den Kopf gehen ließ, doch keine von sich gab.
Erneut ließ Malak nach einem der Novizen schicken, der die rechte Armkette Silks löste.
Nach einer kurzen Weile des Musterns beugte sich der Paladin dann nach dem Tablett und reichte es Silk entgegen. "Greift zu.." Das Fleisch war bereits kalt geworden, doch ließ der frische Duft darauf schließen, dass es erst vor kurzem angerichtet worden war. Vorsichtig griff der Ordensritter nach dem Fleisch, nicht zu übereilt, um seinen begangenen Fehler wettzumachen. Lange musterte er Silk, überlegte wie er mit diesem ungewöhnlichen Feind umzugehen hatte. Er wartete ab...

„Selbst wenn er fliehen könnte, würde er das tatsächlich wollen?“
Während er aß, stellte er sich diese Frage immer und immer wieder, doch er konnte er nie mit Sicherheit eine Antwort sagen. Malak bückte sich vor ihm nach unten, um die Weinflasche an Silks Seite abzustellen, wobei er so ungewöhnlich offen und ungeschützt die Flasche neben Silk stellte, dass es diesem ein Leichtes gewesen wäre, ihn mit dem Fuß niederzustoßen. Der Tribun forderte es heraus, er testete Silk. Nun war es an ihm, seine Frage zu beantworten, indem er handelte. Doch er zögerte, tat nichts; und gab so seine Antwort. Silk beugte sich herab und nahm die Flasche mit der freien, noch zittrig schwachen Hand auf.

Sein Gegenüber trat zurück, beobachtete ihn mit einem zufriedenen, doch emotionslosen Gesichtsausdruck beim Essen. Silk spürte den Blick des Paladins auf sich liegen, ihn abschätzend, wie er ihn genau beobachtete. Mit einer präziesen Bewegung, die verraten konnte, dass er sich nicht genau auf seine Handlung konzentrierte, sondern vielmehr auf den Tribun, goß er sich langsam den Inhalt der offenen Flasche in den Mund. Er trank in kleinen Zügen und stellte dann schließlich die noch über halbvolle Flasche wieder ab. Er wischte sich über den Mund, mit seinem freien Arm und Malak wartete ruhig ab, bis Silk sein Mahl beendet hatte.
„Ich hoffe es hat euch gemundet...“, fragte Malak und es klang höflich. Ohne sich daran festzumachen, antwortete Silk formal zustimmend zurück: „Seit langem das beste Mahl... wenngleich ich von dereinst mehr Gemütlichkeit beim Essen gewohnt bin.“
Kurz überzog ein leichtes Lächeln die starre Fassade von Malaks Gesicht.
„Ihr werdet wieder zu Kräften kommen, keine Sorge...“
Silk nickte nur schwach. Unwillkürlich hustete er auf und nun, zum ersten Mal wieder, hielt er sich die Hand vor den Mund. Es war ein merkwürdig befriedigendes Gefühl für ihn.
„Jetzt, wo eure sogenannten Freunde versagt, euch entsagt, haben...“
Silk atmete hörbar, kräftig ein. Er hatte gehofft, dieses Thema würde nicht allzu bald angesprochen werden, doch nun musste er unvorbereitet hindurch.
„...habt ihr darüber nachgedacht, was ihr tun würdet, wenn ihr wieder frei wäret?“
Malak Rhantyr sprach behutsam, langsam und vorsichtig. Man konnte seinen Takt bemerken, es gefiel Silk, dass dieser Mann zumindest ein wenig auch Diplomat zu sein schien. Er wusste sich auszudrücken und nicht das Messer sofort in die Wunde zu rammen. Dennoch hatte Silk sich diese Frage bislang nicht gestellt. Er war so überhaupt nicht darauf vorbereitet, also antwortete er ehrlich und offen:
„Ich sehe keinen Grund, warum ich frei kommen könnte, also habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht, das kommt wenn es erst einmal soweit ist.“, und fügt betont an, „_Falls_ es soweit sein wird.“
„Ihr solltet darüber nachdenken, denn eure Antwort könnte euch diese Freiheit schenken.“ Dieser Mann gewann zusehens seinen Respekt. Er ging mit seinen Worten ungemein direkt auf Silk zu und die beste Entgegnung, die er darauf sah, war still zu halten und nicht zu weichen, ihn ein wenig herauszufordern.
„Ich könnte euch anlügen und sagen, ich würde hier im Bund bleiben, für Mordûl kämpfen und Ayanyeh abschwören. Oder euch die Wahrheit sagen und nicht freikommen.
Ich habe nie woanders gelebt, als im Herzogtum. Warum sollte ich nun nicht dorthin zurückkehren... wenngleich mich diese Zeit hier auch einiges gelehrt hat?
Ich sollte euch Peiniger...
„Töten?“, fiel ihm Malak ins Wort. Er verriet die Antwort, die er hören wollte, doch ob er sich nun verriet oder nicht, was Silk meinte, war anderes und so sprach er weiter, ohne darauf einzugehen:
„Ich sollte euch Peiniger ebenso verachten, wie diejenigen, die ich meine Freunde glaubte.“
Er machte eine kurze Pause und nach seiner Eröffnung schloss er dann mit den Worten:
„Wollt ihr es genau wissen...?
Ich weiß es nicht.
Also würde ich nicht entscheiden.
Also würde ich bleiben.“
Es war etwas magisches, das den Paladin vor ihm umgab. Silk sprach so offen, wie eigentlich nur zu einem engen Freund. Es war.... beängstigend; er bemerkte es erst jetzt. Er sah seinen Fehler und das Beste, das man nun daraus machen konnte, war nicht zu zeigen, dass er dem gewahr wurde. Nun musste er versuchen, den Tribun glauben zu machen, er würde ihm frei heraus _alles_ offenbaren. Er hatte Malak schon zu nah kommen lassen, nun musste er sicher gehen, dass er diese Nähe auch unter Kontrolle behielt.
Malak fuhr fort, doch Silk war nun aufgewacht: „Wer außer euch sollte es wissen? Vielleicht gibt es keine Antwort, vielleicht solltet ihr eurem Gefühl vertrauen?“
„Mein Gefühl; es sagt mir, ich sollte lernen zu verstehen, warum.“
„Ihr seid nicht mehr der Mensch, der ihr einst ward. Würden euch eure alten Freunde denn ernsthaft verstehen?“
Silk gab keine Antwort. Er wusste ja selbst keine, es war zu gefährlich dieses Thema anzuschneiden.
„Würden sie euch wieder in ihre Gemeinde aufnehmen und euch achten? Sie werden euch die Schuld für den Tod ihrer Leute geben. Insgeheim, tief in ihnen drinnen.“
Malak sprach in einem Ton, der Objektivität vortäuschte, während er ab und an auf der Stelle zu treten begann. Silk versuchte das Thema abzuwenden, es behagte ihm nicht.
„Ihr redet von Dingen, die ihr nicht belegen könnt, Tribun.“, erwiderte er abweisend, doch nicht widerstreitend. „Würden sie...? Das weiß noch niemand.“
„Doch wäre es wahrscheinlich. Würdet ihr diesen Schlag denn verkraften können? Würdet ihr das Risiko eingehen wollen?“ Malak beharrte, doch Silk lenkte mit Nachdruck ein.
„Mein Gefühl sagt, ich sollte lernen, was recht ist und was gut. Für mich...“
„Ich kann euch nur mit Sicherheit sagen, was ihr hier erreichen könntet.“
„Erreichen könntet?“ Silk atmete innerlich auf. Das Thema schien in Bahnen gelenkt, die ihm mehr behagten und hob seinen rechten Arm zur linken Schulter, um diese leicht zu massieren – Implizierte Anspielung an Malak, ihm endlich die Ketten abzunehmen, doch keine Reaktion.
„Würde es euch denn interessieren... einen Blick in die Zukunft zu wagen, wie sie sein könnte, wenn ihr unseren Weg gehen würdet?“ – „Einen Blick...?“, meinte Silk nachdenklich.
„Oder einen Vorgeschmack?“, fügte Malak hinzu.
„Ein Blick könnte mir Sichten eröffnen, die mich erkennen lassen; meinen Weg weisen.“ – ‚Und mir zudem endlich diese Fesseln lösen’, dachte er bei sich. – „Sollt ihr eure Möglichkeit haben, euren Weg zu offenbaren.“ Er nickte zustimmend, fast gönnerhaft, hoffend, es wäre nicht zu anmaßend.

„Silk Celebdam, einstiger Ordensritter...Gefallen bei seinen Freunden, doch erhoben in Mordûls Reich. Stärke, Wissen, den wahren Weg würde er kennen. Seine Worte könnten die Unwissenden leiten, in Frieden. Eure Taten würden nicht unbelohnt bleiben. Nicht hier, nicht unter den Augen des Prinzen...“
Malak hob das Wort an, es war deutlich, um deine letzte Wehr zu brechen oder zu fordern. Er wollte reinen Tisch machen und hier in diesem Tempel, in seinen Gefilden, würde er dies sicher auch tun können. Malak schien Silk mehr als ebenbürtig, es würde eine interessante Zeit werden, aus der er hoffte, auch vom schwarzen Paladin lernen zu können, doch Silk wollte sich nicht völlig hingeben. Obwohl er einen schweren Schlag erlitten hatte und sich nun auch der Sicht des Mordûl eröffnen würde, wollte er sich diesen Teil bewahren, so senkte den Kopf missgünstig bei den Worten des Schwarzen, erhob ihn dann aber wieder und entgegnete:
„Dies behautet auch Ayanyeh. Worte, die predigen, sind eine Sache. Doch Taten sind es, die beweisen.“
„Er, im Gegensatz zu Ayanyeh, ist ein guter Herr. Seine Taten würden in euch wirken, Silk... Er würde euch nicht in eurer Not im Stich lassen. So wie er mich nie im Stich ließ. Wie oft hatte ich ihm schon mein Leben zu verdanken?“
Silk musterte Malak von unten nach oben.
„So wie Ayanyeh Priester Mendan nie im Stich ließ?“
„So wie Ayanyeh Priester Mendan vor der Pforte des Tempels fallen ließ?“ Malak fand sofort eine Antwort, doch Silk wusste nichts über den Fall der Lichten im Speziellen und so konnte er Malaks Worte anfechten, obwohl er ihnen Glauben schenkte. „Fallen ließ?“
Mit einem leichten Kopfschütteln verneinte Malak seinen eigenen Satz.
Es war wie ein Kartenspiel. Die Zehn lag blank - höchste Zeit auf eine andere Farbe zu wechseln...!
„Was macht IHN so bedeutsam für mich?“, fragte Silk heraus.
„Er wollte euch zu Hilfe eilen.“
Zu dumm nur, dass man selbst nicht am Zug war. Malak sprach natürlich von Priester Mendan Khor.
“Nein, im Grunde wollte er sich mit dem Fürsten messen. Mit einer Schar von Kriegern und Gläubigen trat er vor die Pforte. Preiste seine Göttin, bis er dahinfiel. Er mag noch leben, ja, doch ist das nicht sein Verdienst und schon gar nicht der Ayanyehs... Nein, auch Mordûl kennt Gnade...“
Silk schmunzelte. Malak jedoch, beharrte.
„Er ließ ihn leben, selbst soll er erkennen, wie schwach er doch ist. Ich selbst hätte ihn niederstrecken können, als er im Dreck kroch seine Kleider vom Leib gerissen und zerfetzt... Es wäre eine Kleinigkeit gewesen, doch nicht von Bedeutung. Dieser Priester wird nun mit der Schmach leben müssen. Er wird nachdenken... und zweifeln.“
Malak endete und es herrschte eine kurze Zeit schweigen. Silk musste Nachdenken und Malak ließ seine Worte wirken, dann begann Silk:
„Ihr sprecht von der Größe des Fürsten und seiner Gnade...
Ihr sprecht von Zweifel und von Niederlage...
Ich jedoch höre noch die helle Stimme in meinem Kopf...
vom rechten Wege Ayanyehs tönen....
von _ihrer_ Gnade für den Priester.
Von Erkenntnis und Bereicherung.
Worte kann man so leicht verdrehen, glaubt mir, ich spreche aus Erfahrung.“ Silk lächelte matt. Der letzte Satz dürfte Nährwert für Malaks Gesamtstandpunkt gewesen sein, aber er war nötig, um den Worten rechten Nachdruck zu verleihen. Es war wie das Balancieren auf einem schmalen Grat...
Malak entgegnete wieder eindringlich:
„Ihrer Gnade? Welches Recht hätte sie, ihm Gnade zu gewähren? Alles was geschah war nicht ihr Handwerk, ihr Wirken ist von keinerlei Bedeutung. Sie spukt in eurem Herz, faselt euch Lügen ins Ohr. Eine einzige Heuchelei...“
Silk musste nicht lange überlegen.
„Nun stellt euch vor. Eure Worte... in _meinem_ Munde. Überlegt... würde ich euch überzeugen?“ Ein Mundwinkel fuhr sachte nur hinauf, um zu überspielen, wie fadenscheinig dieses Argument doch war. Er durfte das _so_ nicht belassen. Als Fassade mag es gut dienen, doch wehe er prüfte es genauer!
„Zeigt mir, was Mordûl erschaffen kann, nicht, was ihr glaubt in eurem Herzen. Denn Glaube ist kein Zeugnis für irgendetwas. Nur die Taten, die er vollbringen lässt, machen ihn mächtig, Tribun des Mordûl.“ Das würde Malak zu denken geben und schob alles andere erst einmal beiseite. Er war zufrieden - er konnte es noch...
„Mordûl lässt seine Macht nicht zum Spaß oder zur Anschauung wirken...“
Der Ordensritter schüttelte sachte den Kopf. „Ihr missversteht mich Tribun.“
„Ihr wollt etwas sehen, nicht wahr? Etwas, das euch zeigt, dass sein Weg der rechte ist?“
Daraufhin nickte Silk nun langsam.
„Ich weiß, was Mordûl selbst vermag, doch was seine Jünger vollbringen, durch seine Kraft, seine Ideale... seine Art. _Das_ ist es, was ich zu erschauen wünsche.“ Und in der Tat war es Silk ein Bedürfnis, mehr über Mordûl, über den Kult herauszufinden.
„Ihr stellt hohe Ansprüche an ihn. Tatet ihr dies auch bei Ayanyeh?“ Malak begann wieder zu prüfen, doch Silk war gefestigt; ein Leichtes für ihn.
„Ich sah, wozu die Ideale Ayanyehs in der Lage sind. Ich selbst war... oder bin schon oft ihrer Zeugnis gewesen. Ich sah, was man schuf, nur aus dem Glauben heraus.“
„Ich könnte euch Wahrheiten erzählen, wie er seine Macht in mir wirken ließ...“
Das wollte Silk nicht sehen. Was sollte er mit göttlichem Wirken? Das kannte er zu gut nur. Nein, sein Interesse galt der Quelle, den Grundfesten. Bücher, Gebäude, Ideale... das alles.
„Würden sie _mich_ überzeugen? Der ich selbst die Lichte macht den Priester staucheln lassen sah?“
„Ihr würdet sie als dahingeredete, unbestätigte Geschichten abtun....“ Malak resignierte, doch Silk ging ihm entgegen und belehrte ihn zugleich. So sehr Malak ihn anfangs bedrängte, derzeit hatte Silk das Heft in der Hand; es begann ihm zu behagen.
„Nein. Glaubt so nicht Tribun. Ich selbst spürte Ayanyehs Kraft. Warum solltet ihr nicht die des Dämonenfürsten vernommen haben? Doch das Maß kann nur das Wort allein ausdrücken... und dieses kann betrügen.“
Malak verlor sein Gesicht nicht. Etwas, das Silk an ihm schätzte; vielleicht auch nur ein gelungener Schachzug, um Silks Vertrauen zu gewinnen. Wenn dem so war, dann musste er neidlos zugeben, gelang es Malak nicht übel.
„Wahre Worte... doch seid euch gewiss, dass ich euch nicht anlüge, welchen Sinn hätte es auch? Warum sollte ich den Fürsten hochloben, wenn seine Verdienste nichts wert wären?“
„Der Sinn...? Liegt er nicht bar offen? Überzeugtet ihr mich, fände Mordûl einen neuen Diener. Einen Diener, um seine Macht auf Seandomhan zu festigen.“ Er offenbarte sich dem Schwarzen Lord gänzlich. Ein Schritt, um ihm ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem er Malak gleichzeitig zeigte, dass Silk ganz und gar mit der Materie vertraut war. Malak begann derweil wieder:
„Ich werde euch etwas aus meiner Vergangenheit erzählen. Etwas was mich wissen ließ...“
Er hoffte, Malak würde so nicht erst versuchen, sich auf weniger bedeutsamen Schlachtfeldern zu behaupten. Schlachtfelder, deren Verlust in ihrer Gänze Silk wanken lassen konnten und von denen er immer wieder abzulenken versuchte, mit mehr oder minder großem Erfolg. Er schlug sich weiter hier, wo er sich behaupten konnte und fiel Malak so ins Wort. Es war ein Moment, den er nicht verpassen durfte.
„Die Macht eines Gottes steigt mit der Zahl seiner Jünger. Ein Gott stirbt, wenn niemand mehr an ihn glaubt. Wären alle Jünger Ayanyehs besiegt, wäre Mordûl in diesem Streit der Mächtigste. So einfach Tribun, so einfach.“
Er präsentierte sich mit breiter Brust. Marschierte groß auf und um Malak nicht einmal die Möglichkeit zu geben, gegen zu halten, schnitt er ihm die Antwort ab:
„Aber fahrt bitte fort.“ Es passte hervorragend. Malak blieb nichts anderes übrig, als wie gebeten zu tun.
„Zum Tode wurde ich verurteilt... In Vesper. Die Wachen warfen mich mitsamt meiner Rüstung in das Meer. Schon als ich die eisige Kälte an meinem Körper spürte, wusste ich, dass mein Leben ausgehaucht war, aber wusste ich auch, dass meine Seele zu etwas höherem Aufsteigen würde... in seinem Reich. Doch Mordûls Wille ließ mich am Leben, es gab noch andere Dinge für mich auf dieser Welt zu tun... Er schenkte mir das Leben, errettete mich aus dem Wasser.“
Gegenhalten!
„Nun verbreitet ihr Hass... Schrecken... lasst Menschen foltern oder abschlachten, was sie auch taten. Zufrieden mit solchem Leben?“
„Hass, Schrecken.... abgewandelte Worte...
Lasst es mich einfacher erklären...“
Silk nickte und lauschte.
„Ihr schlachtet krankes Rind auf den Weiden ab, um die anderen, gesunden, zu schützen. Genau das tun wir auch... zu einem höheren Nutzen. Versteht ihr es nun?
Euch erscheint es abschreckend, brutal und... böse. Doch erkennt ihr nicht den Sinn dahinter...“ Malak fuhr stark auf, Silk war überrascht, er versuchte sein Kontra aufzubauen.
„Was gibt euch das Recht zu entscheiden, wer krank ist und wer nicht?“
„Mordûls Ordnung...“
„’Mordûls Ordnung’...?“
„Gewiss... Leute wie ihr einst, sind eine Bedrohung für seine Jünger und die Restlichen. Wir nennen sie die Verblendeten, weil sie den wahren Weg nicht verstehen können oder wollen und mit ihren Lügen das Land immer wieder in Kriege stürzen.“
Silk musste anerkennen, das Malak hier die Überhand hatte. Es klang tatsächlich überzeugend. Der weitere Vorstoß Silks klang eher zaghaft, nicht bedrohlich für Malaks Stand.
„Nun... Wehrlose sind jedoch keine Bedrohung für den schwarzen Prinzen.“
„Wehrlosen wird seine Gnade zuteil...“, erklärte Malak ruhig und sicher. Silk legte die Stirn kraus, widersprach aber nicht, weil er sich nun selbst nicht mehr so sicher war, ob der Tribun falsch sprach oder wahr.
„Ihr seid nun einer dieser Wehrlosen.... und was bekamt ihr? Kleidung und Nahrung...“
„Und ihr foltert mich?!“
„Die Folter, wie ihr sie so unschön nennt, hat nun ein Ende. Euer Geist ist nun offen für seine Worte.“
„Und trotzdem bin ich noch gekettet.“ Gleich nutzte er die Situation, um endlich ein wenig Freiheit zu bekommen.
„Zu eurem eigenen Schutz...“, erwiderte Malak ernst.
„_Meinem_ Schutz?“ Silk war sichtlich überrascht.
„In eurer Verfassung, wenn ihr versuchen würdet zu fliehen, würdet ihr noch vor der Grenze niedergehen.“
„Was lässt euch glauben, ich sah auch nur einen Moment die Möglichkeit allein zu entfliehen? Ich würde es nicht einmal bis zum Tor schaffen. Schon gar nicht in meinem Zustand.“ Eine kleine Dramatisierung der Sachlage würde Malak sicher schneller zu dem erwünschten Ziel bewegen.
„Ihr seid kein unfähiger Mann, ihr habt genug Kraft bewiesen, es ist schwer einzuschätzen, was euer Körper noch zu tun vermag und euer Wille.“
Silk senkte leicht zustimmend den Kopf. Er musste Malak dieses Gefecht überlassen. Er machte es so gut, dass sich Silk eigentlich keine Niederlage eingestehen musste. Er dankte es ihm innerlich unfreiwillig.
„Nehmt mir die Ketten ab, es ist unangenehm. Mein Ehrenwort, dass ich nicht zu fliehen versuche.“, gab Silk sich geschlagen hin und erreichte dennoch sein Ziel.
Der Paladin konnte nun natürlich seinen Großmut in vollem Maße ausspielen, „Also gut, seid nun unser Gast....“ und band Silk somit wieder ein wenig enger an ihn. Malak trat dann einige Schritte zu ihm heran, bis er direkt vor ihm stand und öffnete behutsam die Schlößer der Ketten, dass sie dann klirrend zu Boden gingen. Der Ordensritter griff sich sofort um das linke Handgelenk, wich aber bei der Berührung der abgeschabten Haut wieder zurück. Er verzog das Gesicht und senkte den Arm vorsichtig, dann nickte er dankend. Ein schneller Blick fiel auf das Amulett, dann wieder zu Malak, um ihm schweigend entgegenzublicken.
Der Kultist selbst legte lediglich den Kopf zur Seite, ein wenig Misstrauen mag in seinen Zügen zu erkennen gewesen sein.
„Dieses Amulett....“, sprach er schließlich an.
Silk ging vorsichtig zur Bank herüber und setzte sich. „Erlaubt...?“
„... ich muss gestehen, es ist mir ein Rätsel.“
Er unterbrach sich selbst: „Gewiss.“ Dann nickte er kurz und heftig, während er eine einladende Handbewegung über die Bankreihe machte, um wieder fortzufahren:
„Was denkt ihr, würde geschehen, wenn ich es euch geben würde?“, es klang spekulativ und genauso gab Silk, als würde er einem Kollegen der Artefaktologie erwidern, knapp zurück:
„Im Moment... ist das schwer zu sagen.“
Die anfängliche Härte ist längst aus seinem Gesicht verschwunden, viel mehr wirkt er nun wie jeder andere, fühlende Mensch... nachdenklich, es mag etwas Vertrautes haben, als hätte sich seine Rolle vom Peiniger in die des Freundes gewandelt.
Silk fühlte die Beziehung ebenso nun gänzlich anders zu dem Kultisten.
„Wollt ihr noch etwas zu essen oder zu trinken?“
Malak spielte die Rolle des besorgten Gastgebers und nahen Freundes hervorragend. Silk musste sich eingestehen, dass er nicht zu sagen vermochte, ob es Fassade oder Wahrheit war...
„Danke... ich denke, würde ich mehr essen, käme mein Magen noch nicht zurecht.“
Der Ordensritter in der schwarzen Kutte sah wieder auf das Amulett. Auch von ihm ging nun ein vertrautes Gefühl aus, dass sich gleichwohl mit einer Art Respekt vermengte... Würde er es erklären müssen, dann war es wohl wie etwas, das zwischen Mentor und Schüler bestand, das es vielleicht in Ansätzen beschreiben könnte.
„Ja, falls ihr dennoch etwas zu essen wünscht, schickt nach einem der Novizen.“
Ein leichtes Nicken war die Antwort.
„Ihr könnt euch nun frei im Gelände bewegen....Wenn es euch interessiert und ihr des Lesens mächtig seid, könnt ihr euch mit den Büchern in der Bibliothek beschäftigen.“
Das wollte er ganz sicher wahrnehmen.
„Vielen Dank.“
„Und dieses Amulett... ihr solltet es noch dort lassen, wo es ist. Bleibt bei euren Gedanken und lasst euch nicht durch dessen Macht beeinflussen.“ Malak befahl es nicht. Nein, er _bot_ es tatsächlich _an_. Als würde er nur einen Rat geben wollen. Beeindruckend, der Effekt.
„Auch wenn es verwundern mag, ich denke sogar, ihr habt recht Lord...... ?“, zum ersten Mal, erfragte er den Namen des Tribuns.
„Malak Rhantyr, Silk...“ Er sprach es freundlich aus, mit einem beinahe liebevollen Lächeln auf den Lippen. Unbefleckt und rein wirkte dieses Zeichen der Freude.
Er nickte verstehend und fügte an: „Lord Rhantyr.”
Ein offener Blick traf Malak, fast dankend, vor allem aber anerkennend, der nun schweigend da stand, beinahe wie eine steinerne Statue, bevor er wieder zu sprechen begann.
„Oft steckt mehr hinter einer Person, als man denkt...“
Silk erhob sich. „Wahre Worte.“
Malak Rhantyr streckte ihm dann, in einer zuvorkommenden, kameradschaftlichen Geste die Hand entgegen. „Seid unser Gast...“
Zögerlich nahm er die Hand, griff sie mit Dankesworten und schüttelte sie mit Nachdruck, doch nicht allzu kräftig. Fest war Malaks Händedruck, so barg er etwas wahres, anerkennendes in sich, wie man es nur unter Gleichgesinnten finden mag, unter Kriegern.
Und nun wurde Silk gewahr, was er all die Zeit, seit Malak sich ihm so freundschaftlich zeigte, in ihm gesehen hatte. Einen Gleichgesinnten, einen Ebenbürtigen und in ihm tat sich das Bild auf, das Malak als seinen Gegenüber zeigte, einzig war er einiges Älter, doch vom selben Schlag. Er hob die Brauen anerkennend.
„Kommt wieder zu Kräften, Silk... Ich werde einen der Novizen schicken lassen. Er soll sich um eure Erkältung kümmern.“
„Ich werde mich bemühen, bald wieder mit Kraftübungen beginnen zu können.“
Malak ließ dann die Hand des noch überwältigten Silk los und senkte sie wieder.
„Doch vorerst muss ich einmal ordentlich schlafen. Wird man mir einen Schlafplatz zuweisen?“
„Gewiss... Einer der Diener wird sich um euer Bett kümmern...“
„Gut.“
„Sollte euch etwas missfallen, schickt nach mir.“
Silk schmunzelte.
„Ich werde euch nun nicht mehr stören...“
„Ihr stört keineswegs...“, die Floskel war eine Lüge. Silk war totmüde und sehnte sich nach einem guten Bett.
„Euch vielleicht nicht, doch euren Schlaf“. Malak wandt sich sogar hierbei vortrefflich heraus.
„...ich würde mich freuen, euch bald wiedersehen zu dürfen.“
„Keine Sorge, ich werde wiederkommen, um nach euch zu sehen.“
„Möge Mordûl eure Gastfreundlichkeit erhalten.“ Es war das erste Mal, dass er Mordûl segnend aussprach. Es widerstrebte ihm nicht. Nicht in diesem Falle.
Malak gab ihm dann einen leichten Schlag auf die Schulter, keinesfalls zu fest, eher kameradschaftlich.
„Habt Dank und ruhet wohl... Möge er über euren Schlaf schützend wachen.“
„Einen gesegneten Schlaf, auch Euch.“
Der Tribun wandte sich dann langsam ab und schritt hinaus, als auch schon die Novizen die Kathedrale betraten und sich um Silk kümmerten. Er warf noch einmal einen kurzen Blick auf das Amulett auf dem Altar und folgt den Novizen dann zu seinem Gemach...

 

Scheideweg [Eisklinge – VII]

Silk [KS], Ordensritter

 

Die Sonne schien in fahlem Licht vom grauen Himmel herab, man könnte meinen, sie sei heute weiter entfernt, als an anderen Tagen. Sie spendete nur spärlich das Licht, das den morgendlichen Herbstnebel wie feuchte, ungesponnene Seide schimmern und selbst diesen unwirtlichen Ort in der Frühe friedlich erscheinen ließ. Gehüllt in die schwarze Kutte, die er seit dem Tage trug, an dem er hier nun nicht mehr als Gefangener, sondern als „Gast“ galt, saß Silk auf der Bank im Hof der Kultstätte des Mordûl. Es wehte kein Lüftchen und so war der Morgen angenehm frisch. Silk blickte still auf das Buch, das er auf seinem Schoß hielt und gab vor, die schwarze Schrift auf dem vergilbten Pergament, das er von Zeit zu Zeit umblätterte, zu lesen. Für gewöhnlich tat er das auch, widmete sich den Grundfesten des Kultes, den Dämonen, dem Schwarzen Prinzen, doch heute saß er einfach nur da, blickte öfter über sein Buch hinaus, als hinein und sah sehnsüchtig, die vereinzelten Sonnenstrahlen durch den schwachen Nebel brechen, die ihn an vergangene Zeiten erinnerten. Doch er war doch noch Gefangener, das spürte er und so änderte es letztlich nichts an der Situation, so viel Annehmlichkeit und Freigang Malak Rhantyr ihm auch bot.

Er hatte mit ihr an der Küste unweit des Tempels gesessen. Kalter Wind zog vom Meer heran; unangenehm kalt. Ihr Name war Kitara. Er hatte sie oftmals gesehen und sie war es, die eigentlich seinen Hass verdiente. Welchen Rang Kitara innerhalb des Kultes inne hatte, ist ihm allerdings nie deutlich geworden. Silk wusste nur eines, doch hatte er sich in dieser schweren Zeit des Umbruchs in sich selbst, machtlos damit abgefunden, neben der Mörderin des einstigen Idols, des Freundes, zu sitzen. Was nützte Rache und... starb nicht jeder einmal?
Ein hinreißendes Bild ist ihr Anblick gewesen, wie er sich eingestand, lehnend an der steinernen Wand des Mordûl-Tempels. Sie summte stets eine fremdartige, traurige Melodie und die schwarzen Haare hingen ihr tief ins Gesicht. Es schien ihm, als könnte er durch ihr Kleid hindurchsehen. Für Silk ein angenehmer Anblick, doch es weckte auch stummes Verlangen tief in ihm, das er nur mühsam niederkämpfen konnte; dem er widerstehen musste. Es weckte das wiedererstarkende Verlangen, nach Nähe, Geborgenheit, die nur die Berührung der Geliebten geben kann und den Trieb, den niemand in sich wohl gänzlich unterdrücken kann. Es erinnerte ihn daran, wie sehr er Mae doch vermisste. Ihre Wärme, ihre Nähe, ihren Anblick.
Er hatte mit Kitara an der Küste gesessen, am Meer.
„Hat es sich gelohnt darauf zu warten...?“, hatte sie ihn mit sanfter Stimme gefragt und Silk schüttelte den Kopf. Nein, das hatte es wahrlich nicht. All die Zeit der Qualen, all dieses Widerstehen und der infernale Schmerz. Nicht dafür - doch es war auch kein Ort, nach dem er sich sehnte. Es war kein Mensch um ihn, nach dem es Silk verlangte. Es war nicht..... nicht aufzuwiegen. Er gedachte dem Ort, nahe Minoc, an dem er vor so langer Zeit einst mit Bjolin saß, schweigend. Die Angelruten staken im Boden vor ihnen und es herrschte idyllische Ruhe, im Wissen, dass ein Freund nahe war; einfach nur da war. Danach... sehnte er sich. Und wieder strich der Wind eisig und schneidend vom kahlen Meer heran, auf dem der trübe Nebelschleier später Herbsttage lag.
Sie sprach von Freiheit. Freiheit von dem Gift, das man ihm gab. War Silk nun frei? Würde er jemals frei sein? Sein Geist lag in einem steten Kampf, der längst nicht entschieden war und von dem er nie sicher sein könnte, dass er je entschieden würde. Er war nicht frei, lange nicht. „Ihre Lügen würden sich wieder um euch sammeln. Soviele haben soviel gegeben, um frei zu sein davon und euch macht man jenes zum Geschenk, doch ihr wollt es nicht wahrhaben?“
Kitara ließ es fast vorwurfsvoll klingen. Freiheit – was bedeutete ihr Freiheit?
„Frei bin ich, wenn ich gehen kann, wohin ich will. Wenn ich denken kann, was ich will. Wenn ich tun kann, was ich will.. dann bin ich frei.“
Ihre Widerrede kam mit zunehmend ernsterer Stimme: „War es je so...? Nein, nie ward ihr frei vom Einfluss der Goldenen. Ihr habt gedacht, was man euch denken ließ und es lehrten euch die Leute, welchen man es ebenso lehrte.“
„Ich habe nie behauptet, frei zu sein“, gab Silk leise, tonlos entgegen und es klang wehmütig. Ein leichtes Lächeln von ihr. Der Blick immernoch auf das Wasser gerichtet.

Silk könnte frei sein; könnte Malak bitten, ihn gehen zu lassen; könnte ihm alles erklären und dann sein Leben hinter sich lassen - nie mehr nach irgend etwas streben. Nie mehr einen Namen tragen. Nie mehr leiten und dienen. Nie mehr kämpfen.

Doch wollte er das? Wollte er alles aufgeben, sich hingehen lassen. Nicht in seinem noch so jungen Dasein! Sein Lebenspfad eröffnete ihm nun einen neuen Weg, den er noch nicht kannte, den er prüfen wollte. Er wollte wissen, was dieser neue Weg für ihn bereithielt. Den Wandel, den er durchmachte, konnte er nicht so einfach im Keim ersticken!

Der Tribun ließ ihm viel Freiheit innerhalb des Tempels. Ließ ihm selbst das Liber Daimonicum zukommen. Er konnte diesen neuen Pfad eingehend studieren, doch bevor er sich entschied, musste er sicher gehen, dass es auch der Pfad war, den er selbst gehen wollte.
Entscheiden... das konnte Silk hier nicht. Nicht in diesem goldenen Käfig, der ihm die Antwort, bei aller Freiheit, ja doch schon suggerierte!
Er blickte zum Tor. Es war Wachwechsel – die Sonne stand zwei Finger breit über dem Horizont. Damit nun begann der Kreislauf des täglichen Wachdienstes erneut. Es würde dem Mann helfen, ihn ihr rauszuholen. Er kannte seinen Namen nicht und er hatte recht damit, dass es auch wohl besser so war, zumindest bislang. Nun galt es zu warten, dass er wiederkäme.

Als er ihn traf, hatte er gesagt, es gäbe einen Weg für Silk. Einen Weg, der ihn vor der Dunkelheit schützen würde. Der junge Ordensritter war sich bewusst, würde er hier bleiben, könnte er nicht zwanglos wählen, also lauschte er. Es sollte ein Weg werden, der ihn vor der erblindenden Dunkelheit bewahrte, doch auch nicht ins Licht führte, in dem er so deutlich sichtbar und so leicht angreifbar war. Es war ein Pfad, der jenseits von Gut und Böse verlaufen sollte. Es war genau das, was Silk suchte. Einen Weg, um unbeeinflusst nachdenken zu können. Ein Weg, der ihn hinwegführen sollte, von dieser Stätte, in der er doch so viel Pein leiden musste; in der man ihn letztlich brach.
„Gut... ich gehe mit euch“, hatte er gesagt. „Gebt mir allerdings noch einige Tage hier. Ich brauche sie...“ Silk konnte nicht gehen, ohne Vorkehrungen zu treffen. Es würde als feige Flucht wirken und so konnte er sich Malak nicht bloßstellen – der Tribun verdiente mehr Respekt und auch gewisse Dankbarkeit für die... Gastfreundschaft, die er nach seiner Folter erhielt. Außerdem..... er brauchte diese Bücher. Liber Daimonicum, Liber Ashgad, Liber Cathal…
Der Fremde ging wieder. Der Fremde, der ihm das Tor hinaus öffnen sollte.

Die Bücher, die er brauchte, lagen zusammengeschnürt an einem Platz in der Bibliothek, bereit. Er wusste um den Wachwechsel und hatte das Schreiben fertig. Er war vorbereitet. Silk legte das Buch in seinen Händen zur Seite, von dem er nicht einmal Titel oder Inhalt kannte, weil er es schlichtweg nicht einen Augenblick lang gelesen hatte. Nun galt es einzig zu warten, bis die Gestalt wieder auftauchen würde. Er begann mit den üblichen Kraftübungen, die ihn langsam wieder stärken sollten. Seine Haut brannte jedes Mal erneut, als er die Muskeln an Rücken, Armen, Bauch und Brust anspannte, doch mit jedem Tag konnte er den Schmerz besser ertragen. Der Schmerz, der ihn noch lange an die Folter im Tempel erinnern würde und an den Hass, den Mordûl brachte.

 

Fuß in die Freiheit [Eisklinge – VIII]

Silk Celebdam

 

Der Blick fiel hinaus in die flache Bucht, in welche immerzu die seichten Wogen des Meeres geschoben wurden. Tief war die Kapuze der weißen Robe ins Gesicht gezogen und mit angewinkelten Beinen saß der so umhüllte Mann auf dem flachen Hügel, an dessen Hangende ein brusthohes Kliff das Wasser vom Land trennte, während neben ihm die Angelrute im Boden stak. Er blickte hinaus, auf die weite See, sah das blaue Meer in seinem spätherbstlich verblassenden Grauton. Sah die Vögel, die dahinzogen. Spürte den Wind auf seiner Haut, im Gesicht, wie er kühl, erfrischend vom Meer zu ihm herangetragen wurde. Doch wichtiger noch, gedachte er Vergangenem, sah alte Zeiten und schöne Erinnerungen.

Der Kult wäre keine Gemeinschaft für ihn gewesen. Seit jeher waren sie das Feindbild - die Ketzer, die Irrgläubigen, die Finsternis selbst. Es loderte in ihm auf, als er gerüstet stand, das silberne Schwert in der Rechten fest umklammert, auf seine Peiniger blickend, die er nun als Mitstreiter ansehen sollte. Er zwang sich zur Disziplin. All sein Leben war er Krieger im Namen des Pantheons. Er hatte nie hinterfragt, hatte nie gezögert. Es war ein innerlicher Kampf für ihn, doch er bezwang sich schließlich. Er beherrschte sich, doch Dank dessen war nur der unverholene Hohn und beißende Spott, dem Gebrochenen gegenüber. Er spürte die tiefe Ablehnung. Dieser Gemeinschaft würde er nie angehören!

Der Tribun fand Silk im Tempel wieder. Wie als würde er dessen Schutz suchen, kniete er inmitten des Pentagramms vor dem Altar. Er schien in ein Gebet versunken, wenngleich für Malak es nicht ersichtlich war, ob nun der schwarze Altar des Mordûl oder das daraufliegende, schimmernde Amulett Sineras war, worauf er sich dabei konzentrierte. Tatsächlich suchte Silk keines von beidem. Die Stelle an der er in sich gekehrt war, war ebenso sorgsam ausgewählt, wie die Richtung, in die er sich wandte. Im Zentrum des Fünfsterns hoffte er allem Einfluss, der ihm entgegenschlagen konnte, zu entgehen. Silk betete auch nicht zu Ayanyeh oder Sinera, auch nicht zum schwarzen Prinzen, nein. Während seines stummen, inneren Zwiegespräches, wandte er sich an die Verbindung von allem was ihn da leiten sollte, die Gesamtheit der Mächte in einem Bild vereint. Er sprach nicht mehr von Namen, unterschied nicht mehr zwischen Göttern, zwischen gut und böse, zwischen richtig und falsch. Es war ihm gleich, wer sein Gebet erhörte und war es auch eine neue Macht. Silk bat um Erkenntnis, zu wissen, wohin er sich wenden sollte. Er beendete sein Gebet schließlich und blickte auf das Amulett, das ihn lange Zeit begleitet hatte. Sein Zeichen des Schutzes, sein Zeichen des Glaubens, sein Zeichen der Hoffnung.
Silk erreichte das Krachen der Robe, als Malak ruckartig seine Arme hob und Silk schließlich den kühlen Windzug spüren ließ, der die Tempelhalle flutete und den Schein der Fackeln flackern ließ. "Thlor Sogth", klang es, als er sich halb umwandte. Still lauschte er, den Kopf nur im Ansatz gedreht, dass er nicht erkennen konnte, wer hinter ihm stand, dann erhob er sich vollends und sah der Frage Malaks entgegen. „Habt ihr also doch beschlossen...auf euren alten Weg wiederzukehren?“ Silk blickte emotionslos ins Leere, nach einer Antwort suchen. Hatte er? Silk sprach vom Kult, erklärte, dass er sich in dieser Gemeinschaft nie wohlfühlen würde. Malak sprach von Misstrauen, der sich legen würde. Schutz, den sie Fremden gegenüber aufbauten, doch Silk war gefestigt. „Ich fühle mich als Geächteter, nicht als Gast und längst nicht als Gleicher unter Gleichen.“ Der schwarze Paladin, den er so achtete, sprach davon, dass sich dieses Misstrauen abbauen würde, wenn er nur der Kraft Mordûls vertraute, doch Silk gereichte dies nicht zu bleiben. „Ich suche die Freiheit mich zum Glauben zu entscheiden, nicht dazu gezwungen zu werden.“ Er hoffte innerlich, der Tribun würde ihn verstehen, doch was er ihm daraufhin anbot, war ihm niemals in den Sinn gekommen und wieder hatte ihm sein Gegenüber gezeigt, wie wenig Silk ihn doch einschätzen konnte. Malak ließ ihm die Wahl. „Ihr könnt nun gehen oder bleiben, wenn ihr wollt. Immerhin habt ihr auch die Freiheit euch für einen Glauben zu entscheiden...“
So Malak um ihn kämpfte, war dies wohl der beste Schachzug, der ihm in dieser Situation blieb. Hielt er Silk nun, würde es Unmengen an Kraft kosten, den jungen Mann auch nur dahin zu bringen, dass er sich gänzlich für den Kult entschied. Malak schien zu erkennen, dass Silk einen erzwungenen Glauben nie in seinem Herzen akzeptieren konnte, also ließ er ihm die Freiheit. Der Paladin mag die direkte Kontrolle über ihn verloren zu haben, doch letztlich war es der wohl einzig ersichtliche Weg, die Möglichkeit zu erhalten, Silk für den Kult zu gewinnen. Und Silk ließ es ihn wissen...
„Ihr seid wahrhaft zu recht der Tribun dieses Kultes. Habt Dank, Malak Rhantyr.“ Der Angesprochene griff dann nach der erbotenen Hand und drückte sie fest zu sich, mehrmals auf und ab schüttelnd, kurz und heftig, wie ein Vater zu seinem Sohn, der nun sein Heim verließ. Silk fand, es war ein treffender Vergleich.
„Ihr seid nun frei Silk, gebt auf euch acht und entscheidet, wie ihr es für richig haltet... als freier Mann. Möge er euch schützen, auch wenn ihr dies nicht wollt...“ Er senkte dann die Hand und schob sie zurück hinter die Robe. „Lebt wohl Silk, auf bald und kehrt wieder, wenn ihr euch entschlossen habt...“ Silk gab ihm sein Wort.

Malak Rhantyr wandte sich dann um, ihm einen letzten, verabschiedenden Blick zuwerfend, wie ein seltsamer Ausdruck von Verbundenheit. Der Ordensritter sah ihm nach, schritt dann langsam zum Altar hin und versuchte vorsichtig das Halsband zu nehmen. Er konnte es nicht lassen, wo der Priester es verdarb. Es schimmerte hell auf und schien tatsächlich, als würde sich das Halsband aus der Senkung des Altars erheben, bevor Silk seine behandschuhte Hand darauf legte und es schließlich mit schneller Bewegung in die Tasche strich. Er atmete tief ein und begab sich aus dem Tempel. In die Bibliothek und durch die ehernen Tore, an denen zu beider Seiten, die Wachen ihn passieren ließen. In seinem Gepäck das Amulett und die Abschriften mit den Titeln:

„Das Liber Ashgad“
„Das Liber Cathal“
„Das Liber Daimonicum“

Seine Ehre hielt er seit jeh hoch und so schwor er sich selbst, diese Schriften lediglich zum eigenen Studium zu verwenden. Sie ruhten immer noch in seiner Tasche.

Als sie ihn fragte, für was es sich gelohnt habe zu warten, blickte er still, gedanklich an diesen Ort zurück. Er blickte hinaus, auf die weite See, sah das blaue Meer in seinem spätherbstlich verblassenden Grauton. Sah die Vögel, die dahinzogen. Spürte den Wind auf seiner Haut, im Gesicht, wie er kühl, erfrischend vom Meer zu ihm herangetragen wurde. Er gedachte alten Tagen und sehnte sich nach dem Freund, der sich in diesem Augenblick unweit neben ihm niedergelassen hatte. Auch seine Angelrute zeigte neben ihm schräg gen Himmel auf. Unter der Kapuze kam das bedrückte, doch lächelnde Gesicht Silks mit den tiefblauen Augen zum Vorschein. Es sollte wieder werden, wie es war und er empfing einen Hauch aus besseren Zeiten. Fühlte, dass nichts verloren ging. Spürte, was wieder Hoffnung in ihm keimen ließ.
Mit schwacher Stimme antwortete er, „Fast, wie damals...“ und lächelte. „Schön, dass du da bist Bjolin.... schön, dass ein Freund da ist.“
Lange saßen beide so still nebeneinander. Erst genoß es Silk, dann wurde es langsam bedrückend und auch Bjolin schien dies so zu verspüren. „Hast du schon einen Fisch?“, fragte er vom Thema ablenkend. Silk hob die Angel aus dem Wasser. „Ich fische nicht.“ Er erhob sich mit einem Lächeln und wandte sich um. „Auf Bald, Bjolin.“ – Dieser schmunzelte. „Auf Bald.“

Er gedachte den Worten Kitaras und er wusste genau: Dafür.... hatte es sich gelohnt zu warten. Für diesen Moment und die wenigen anderen. Dafür ertrug er Höllenqualen...

 

Zugzwang [Eisklinge – VIII]

Malak Rhantyr

 

Schwermütig spreizte er Zeige und Mittelfinger und streckte sie von der Hand, seine Schläfe massierend, während er seinen Gedanken an das Vergangene freien Lauf liess.

-Weiß zieht...-

"Es ist nicht, wie sie mir begegnen..es ist..wie sie einem Fremden begegnen..Voreingenommen, antipathisch..feindseelig"

"Damals war es unser Los geächtet zu werden. Wer sich einmal die Hand an der Flamme verbrannt hat, berührt sie kein zweites Mal"

"Gebranntes Kind scheut das Feuer...Doch schlägt es nicht danach"

-..und gewinnt-
Es wird Zeit nach neuen Regeln zu spielen
-Weiß eröffnet..-

"Ich suche die Freiheit mich zum Glauben zu entscheiden, nicht dazu gezwungen zu werden"

"Ihr könnt nicht gezwungen werden, wenn ihr euch nicht zwingen lässt"

-Taktischer Rückzug, Weiß geht in die Defensive, Zeit etwas zu unternehmen-

"Misstrauen und Widerstand nicht gezwungen zu werden ballen sich auf, so werde ich dran sterben, bevor sich dieses abgebaut hat"

"Nicht wenn ihr seine Hilfe annehmen würdet"

"Das bringt mich dem Glauben nicht näher...nur weiter fort..Es wäre erzwungen versteht ihr, Malak?"

-Schwarz räumt ab, Weiß zieht dagegen-

"Ihr habt die Wahl..Ihr könnt nun gehen oder bleiben"

"Ihr lasst mir die Freiheit zu gehen, wohin ich will?"

"Immerhin habt ihr auch die Freiheit euch für einen Glauben zu entscheiden"

-Schachmatt oder Patt? Eines steht fest, die Zeit wird knapp, Schwarz am Zug-

"Ihr seid nun frei Silk, gebt auf euch acht und entscheidet wie ihr es für richtig haltet..als freier Mann"

-Eine billige Scharade, Weiß zieht mit-

"Habt Dank, Malak Rhantyr. Ich habe grossen Respekt vor euch und dies gilt nur wenigen Menschen
Ihr seid wahrhaft zu recht der Tribun des Kultes"

"Möge er euch schützen, auch wenn ihr dies nicht wollt"

-Offene Flanke, spielt Weiß denn auch mit offenen Karten?-

"Möge er euch ebenso schützen..Ich verspreche euch Malak..Ich werde zurückkehren"

-SCHACH! Schwarz im Zugzwang, der König in Bedrängnis, Weiß dennoch ungeschützt. Die Partie wird vertagt-

 

Wenn der Feind zu Waffen ruft [Eisklinge – IX]

Silk [KS], Ordensritter der Klingen

 

Weißen Dampf bließ der Schimmel aus den Nüstern in die kalte Winterluft, als der Kopf des Pferdes an seinen Riemen herumgezogen wurde. Sein Herr ließ das Pferd, auf dem Weg, der Reiter und Ross gen Grenze führen sollte, schließlich halten und befahl einen neuen Pfad, fort von diesem, gerade in den Wald hinein. Im Sattel des getreuen Tieres hatte er sich in seinen Gedanken verloren, nicht auf die Straße geachtet, noch sonderlich auf die Umgebung und doch ließ ihn plötzlich etwas aufmerken, wie ein Gefühl, dass ihn fortzog. Fort in eine Richtung, die nicht diejenige war, die er ging. Silk folgte dem Ruf. Im Walde hielt er noch einmal, um erneut zu lauschen und wieder trug es ihn weiter. Weiter, bis er schließlich den Ort erreichte, an dem er spürte, dass er nahe war.

Feines Weiß des Schnees lag zwischen den Bäumen und es herrschte idyllische Ruhe. Sein Blick fiel auf die mächtige Statue eines Mannes, der in nachdenklicher Pose auf einem Baumstumpf verharrte, sein Blick abgewandt. Silk ließ das Pferd halten und mit leisem Tritt stieg er vom Bügel auf den Waldboden. Er war gänzlich in farbloses Trollleder gehüllt und seine Kleidung blieb bar jeder Symbolik. Ohne den Blick auch nur einen Moment lang abzuwenden, beobachtete er die Gestalt und als würde ihm bewusst, was er sah, weitete er überrascht die Augen und der Mund öffnete sich leicht, als die Lippen sich von einander lösten.

Die rechte Hand ruhte auf dem Knauf der Klinge, die der Mann in dunkler Robe senkrecht, mit der Spitze voran zuvor in den Boden getrieben hatte. Er schient sich nicht zu rühren, wie ein ruhender Wächter auf seinem Posten. So mochte er lediglich zu beobachten oder zu meditieren. Silk schritt langsam voran. Seine Lippen formten den Namen, den sein Geist noch nicht fassen konnte. Erneut ließ er dann die Lippen spielen, doch diesmal haucht er es dünn in die kalte Waldesluft - "Malak".

Als der Name des Tribuns fiel, mochte er ihn auch nicht gehört haben, legt dieser den Kopf leicht schief, als lausche er. Eine Weile verging, bis er sich erhob, die Klinge im Boden stecken lassend und sich umwandte. Doch bevor sein Blick Silk traf, sprach er noch den Namen "Silk" aus... ob aus Vorahnung oder in Gedanken an diese Person, blieb ewig unbenannt.

„War es der Zufall, der uns wieder zusammengeführt hat?“
„Vielleicht war Vorsehung... vielleicht die Suche nacheinander...“
Malak begann langsam den Kopf zu schütteln, doch schien er nicht zu verneinen, eher sich seine Gedanken zu machen.
„...oder die Schuld, die es endlich zu tilgen galt.“, sprach Silk weiter.
„Schuld?“, ließ der Paladin das Wort verlauten, hinterfragend, ohne Umschweifungen.
„Ich habe euch mein Wort gegeben.“

In der rechten die silberne Hellebarde aufgestellt, stand Silk fest vor dem Tribun auf der Lichtung. Längst trug er nicht mehr die Kutte und auf seiner Brust lag das Amulett, dass man ihm einst abnahm.

„Euer Wort, ja....Und der Zweck? Um mir zu zeigen, dass ihr wieder ein Ritter des Ordens geworden seid? - Oder wohin hat euch euer Weg geführt?“

Enttäuschung stieg in Silk, wie ein Gefühl auf, das er selbst nicht recht belegen konnte. Es schien, als erfüllte Malak nicht Silks Erwartungen, als würde er Verständnis und Urteilsfreiheit ersehnen... von dem Paladin Mordûls.. und selbst dieser Gedanke schien ihm augenblicklich ganz und gar nicht widersprüchlich. „So harsch... so voreilig?“
„So abschätzend....“
„Ritter meines Ordens - was macht euch das glauben?
Wo ist der blaue Umhang?
Wo die Zeichen der Jungfrau?
Nein.... zum Orden bin ich nicht gekehrt.“
“Äußerlichkeiten mögen für sich sprechen, doch ich trage meine Zeichen auch nicht offen.“
„Ich trage sie mit Stolz. Immer offen. Was sollte ich fürchten im eigenen Lande?“
„Auch ich trage sie mit Stolz, doch habe ich anderen nichts zu beweisen...“
„Sicher nicht Malak...“
„Es wäre teilweise hinderlich für mich, besonders in diesem Lande..“

Er blieb auf der Stelle, als Silk einen Schritt auf ihn zuging und manchmal schien es, als wollte sein Blick ins Leere schweifen.

„Ja, für euch wohl.“ Silk wollte voran. „Nein Malak, ich wollte euch die versprochenen Bücher bringen.“ Bei den Worten löste er die Tasche und packte die mit der Linken bei den Riemen.
„Versprochen, gestohlen, ausgeliehen? Wie auch immer, ist das der einzige Grund?“
„Sicherlich nicht...sicher nicht“, dann etwas leiser.
In einem hohen Bogen warf Silk ihm die Tasche zu, die Malak mit der Linken fing, den Schwung mit einer Abwärtsbewegung ausgleichend.
„Ich kam um euch zu unterrichten, wohin ich mich wende.“
Er stellt sie an seine Seite und blickt ihn erwartungsvoll an, dann hinterfragte Malak:
„Und euer Weg? Ist dem meinen fern....Sehe ich es richtig?“

Als er sich auf den Weg machte, hatte er noch Malak erklären wollen, dass er sich entschieden hatte – dass er, gänzlich fort vom Glauben Mordûls, dennoch nicht sein Feind war. Der Schwarze jedoch machte ihn langsam zu eben diesem Feindbild.

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Er sann nach der kleinen Lichtung, auf der er noch zuvor gesessen hatte, das Buch in den Händen, das von Dämonen und ihren Dienern sprach, von der Welt Mordûls, von den Sphären des Chaos. Er las es nun vielleicht zum dritten Mal, doch er kam nicht voran, weil seine Gedanken nicht auf den Zeilen lagen, sondern schon verarbeiteten, was er eben aufgenommen hatte. Die kleine Goblin-Schamanin ließ ihn erwachen. Sie war neugierig, doch Silk war es sehr recht, dass er ihr erklären konnte, was er fühlte und was ihn bewegte. Sie ließ ihn über Dinge reden, bei deren Aussprache er erst bewusst wurde, wie er zu ihnen stand. Das half sehr. Er erzählte von seiner Zeit der Gefangenschaft und den Qualen, die er durchlebte; erzählte wie er gebrochen wurde und wie es in ihm erstarb...
Als er die Brust bar legt, um den frischen Hauch der kaltes Waldesluft zu spüren, erklärte er, dass er sich hier frei fühlte. In den Wäldern, fern von jenem Gefängnis, in dem man ihn einst festhielt. Die kleine Schamanin sah auf seine Haut, die durch unzählige Peitschenhiebe, über und über mit Narben bedeckt war. Kaum fand sich noch eine Stelle, die nicht wulstig aufgeschwollen war. „Es brennt noch immer...“, hatte er gesagt, „doch ich habe mich schon fast dran gewöhnt.“ Was Lirih in Silks Worten bemerkt haben mochte, konnte er nicht sagen. Hätte er sich selbst so gehört, wäre ein Schelten wohl seine Antwort. Ein Schelten für diese Ergebenheit, dieses Hinnehmen von Schmerz, der wohl ewig bleiben mochte. ‚Wo war der Kampfgeist? Wo war der Krieger?’, hätte Er gefragt... doch war Er nicht mehr da. Er war längst gefallen.
„Ich will meinen Frieden nun finden und ich bleibe innerlich unruhig solange ich keine Lösung habe. Licht.... oder Dunkel, was es auch sei. Ich lese diese Bücher, um...“ Doch Lirih unterbrach ihn jäh. - „Silk'gluk habaehn hahss?“
Er verstummte.
„Lirih daenkaehn, Silk'gluk habaehn ahngkst.“ – „Ein wenig... ja.“

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„Der Weg Mordûls ist der des Hasses, der Schmerzen und der Verachtung.
Silk konnte beobachten, als er sprach, dass Malak selbst etwas niedergeschlagen wirkte. Es war schwer zu sagen, was ihm in letzter Zeit widerfahren ist, doch schien er diese Tatsache geschickt verbergen zu wollen, dass auch Silk nicht mehr erkannte, als dieses bloße Gefühl.
„Er brachte um, was mir so heilig war. Rücksichtslos...“
Seine Augen huschten bei den eigenen Worten über Malaks Gesicht, genau abschätzend. Einmal atmete er tief ein und ließ die Luft in einer Kunstpause nur still aus der Lunge gleiten, um sie in einer weißen Dampfwolke aufgehen zu lassen. Sein Gegenüber schien zu resignieren, die Situation, das Mitgeteilte, abzuwägen.
„Und dies ist eure einzige Erkenntnis?“, fragte er dann, als Silk nicht weitersprach.
„Nein... Ich erkannte, dass mir auch der Weg des glänzenden Liches meine Augen trübt und mich nicht retten kann; bewahren kann, vor Unheil, sondern mich vielmehr dorthinein führt.“
„So wandelt ihr nun zwischen Licht und Schatten....“
„Ich... habe beschlossen zu leben, nicht wie es Licht mir vorschreibt, noch wie es Dunkel gibt. Ich richte nach eigenem Ermessen, denn was ich für richtig halte mag mich auch überzeugen. Zu leben, wie die Jungfrau, tugendhaft, dies mag meinem Bild entsprechen, verachte auch den Hass, die Zwietracht...“
„Ich verstehe... gottlos und verdammt? Keinem Weg zugetan, verfahrt ihr nach eigenem Ermessen, ohne Prinzipien, außer dem schwachen Schein der Tugenden? Lebt ihr nun also euer Leben als Lüge, hin und her gerissen zwischen zwei Mächten?“

Malak forderte ihn schließlich heraus, doch keinen Schritt wollte Silk ihm weichen! Sie sprachen von Ordnung und wahrer Gerechtigkeit. Von dem ewigen Krieg, dessen Ende nur einen Sieger kennt. Der Krieg, dem Silk zu entgehen versuchte. Ihn zu fliehen.
„Ist es nicht so, Silk? Sagt es mir!“, Malak drängte ihn, doch durch Silks Kopf schoss wieder das Bildniss an der Quelle und er hörte die Worte der Schamanin widerhallen, denen er glaubte. Er wusste, sie war rechtens, doch nun kannte er ihren Fehler...
Und als er dies sah, wusste er, welchen Weg er gehen würde. Sie hatte es ihm gesagt, wenn das Ziel ihrer Worte auch ein anderes gewesen ist. Sie hatte es ihm gewiesen, Silk hatte nur nicht zugehört...

Sein Blick klärte sich, als er angesprochen wurde. Er sah Malak entgegen, doch zu seiner Überraschung erkannte er nicht das Gesicht, das ihn forderte, nach ihm verlangte, denn dieser hatte sein Haupt gesenkt. Der Paladin blickte zu Boden und schien tatsächlich selbst von seinen Worten überwältigt worden zu sein. Bis Silk wieder sprach...

„Ja, Malak...so ist es. Wie der Baum im Sturm wollte ich mich niederlegen, weil er über mich kommt. Weil ich Angst habe... wie der Baum. Aber ihr habt mir deutlich gemacht, dass Menschen keine Bäume sind...“

Silks Worte wirkten überzeugt und fest dem Tribun entgegen. Er griff das Beispiel der Schamanin auf, doch er hatte nun erkannt, worin die Lehre lag. Malak Rhantyr jedoch verzog nur das Gesicht. Kein Hass war zu lesen, während Silk sprach. Er schien nur... verbittert, verbissen, als hätten seine eigenen Worte ihm etwas zu begreifen gegeben; seinen Zweck, seinen Krieg, den er wohl niemals gewinnen würde und gleichsam, dass er seine Bestimmung kennt und diese zu erfüllen hat, wie eine vorgefertigte Marionette...

„Sie sind so mächtig, ein so großes Volk, weil sie sich nicht beugen. Sondern kämpfen!“

...und Silks Worte mochten diese Erkenntnis nur noch genährt haben. Silks Geist erstarkte wieder und fand den Willen, sich dem zu stellen, was er so verachtete, doch was er nicht wusste war, dass er sich mit diesem Aufrichten nur weiter von dem Schwarzen entfernte. Es mochte keine Welt geben, in der beide jemals die Waffen niedergelegt hätten und nicht mehr kämpften. Es war wie das eigene Spiegelbild, von dessen Existenz beide nur ahnten.
Malak wirkte nun erstarrt, leblos, nach seiner Erkenntnis und lauscht ihm, während Silk vorzog, um dessen glimmenden Willen doch nur zu schüren...

„Der Mensch muss kämpfen und der Krieg ist es, der ihn verdirbt. Sein Leid bringt und Not und Qualen. Ich wollte nicht kämpfen, denn es erschien mir als sinnvoll. Ich wollte nicht mehr Leid bringen. Doch ihr Malak Rhantyr, ihr habt mir eindrucksvoll bewiesen, dass dies auch der falsche Weg ist. Ja, es besteht eine Ordnung und wenn sie nur Schein ist. Sie besteht... und nicht _wir_ bringen den Krieg... sondern der Feind bringt ihn. Krieg endet, wenn niemand mehr bekämpft werden kann, nicht wenn keiner mehr zu den Waffen greift... Es besteht das Reich Ayanyehs, das Reich im Lichte und es wird bedroht. Um diesen Krieg zu beenden, muss das Dunkel vernichtet werden. Denn es besitzt keine Ordnung...“
„Woher wollt ihr dies wissen?“
„Ihr habt es selbst gesagt Mordûl bringt Chaos, Ayanyeh bringt Wahrheit... wenn sie auch falsch sein mag, sie ist eine Feste.“
„Nicht unser Reich besitzt keine Ordnung, sondern DIESE LANDE! Sie lügt und ihr nennt es Wahrheit? Einfalt geht einhand mit dem Untergang...“
In Malak wallte das Blut auf, vielleicht durch Silks Worte, vielleicht auch durch die eben erhaltene Erkenntnis, die er nicht wahrhaben wollte, doch auch Silk, in seinem eigenen Reden gestärkt, erwiderte, wie es vorhersehbar war, mit Worten der Resignation und Verachtung, die doch längst kein Ende finden wollten.
„Untergang? Ist es nicht das, was ihr predigt? Es ist zwecklos euch mit Worten zu widerstreiten, Malak, ihr seid starrköpfig und verblendet!“
„IHR? Ihr nennt mich verblendet?“
„Ihr SEID es!“
„Ihr besitzt keinen Weg, ihr geht KEINEN Weg, doch wollt ihr alle kennen und wissen, welcher der Beste ist? Ihr erkennt nichts, außer eurer eigenen Wahrheit und nennt mich verblendet?“
„Ich betrat den einen, studierte den zweiten. Die Bücher haltet ihr noch in der Hand...“
„Ihr studiertet? Doch ihr habt ihn nicht gelebt!“
„Ich sehe, was lebt und was verdirbt. Ich sehe, wo geboren wird und wo stirbt... und der Tempel Mordûls ist der lebensfeindlichste Ort, den ich je betrat! Ich werde ihn nie leben... niemals, Malak! Sprecht nicht, Mordûl sei gut für den Menschen! Ihr lügtet!“
„Ihr seid ein Narr, Silk... Ihr seid engstirnig und starrköpfig! ER ist ein gerechter Herr, immerhin ließ ER euch am Leben! Und nun kehrt ihr ihm den Rücken, stellt ihn als erbarmungslosen Lügner hin.“
„Wir sind uns eben gleich, Malak... viel enger, als ihr glaubt.
ER ließ mich leiden...
ER ließ mich peinigen...
ER ließ mich demütigen!“
„UND? Hat es euch geschadet?“
„JA! Verdammt Malak, meine Haut brennt jeden Tag und jede Nacht! Sie wird mich ewig erinnern, was mir Feind ist...“
„Und wieso? Weil ihr Eitel seid? Ihr wisst, was der Eitel dieser Welt bringt! Ihr verkennt Freund und Feind! Ich habe euch der Wirklichkeit nahe gebracht, doch ihr wollt in einem Traum weiterleben! Bin ich deshalb euer Feind?“

Silk schüttelte leicht den Kopf und blickte Malak dann ruhig und eingehend entgegen, ohne Antwort. Nur der Stille lauschend, sah er ihm in die Augen. Aus der scheinbar unergründlichen Tiefe wirkte ihm Silks Geist entgegen, als wollte er ihn anflehen, doch Malak starrte ihm ebenso entgegen, herausfordernd.
„Ist das alles, was ihr zu sagen habt? Silk?“ Er ballte die Faust.
„Nicht ihr seid mein Feind Malak... Nicht euer Wesen... nicht eure Art... euer Geist ist es. Und es wird mich kämpfen lassen... wenn nötig ewig.“ Silks Worte gehen ruhig und ihnen liegt eine traurige Stimmung zugrunde.
„Mein Wesen entspringt meinem Geist...So auch meine Art...“
„Ein Mensch ist für gewöhnlich nicht seiner Selbst. Auch ich bin es nicht. Seine Umgebung macht ihm zu dem, der er zu sein scheint.“
„So habt ihr also begriffen... und euch entschieden für den Krieg... für eure Seite, für die ihr geboren worden seid... Ich schlug in meinem Tun fehl, auch ihr. So werden wir dies respektieren müssen und das tun müssen, wofür wir bestimmt sind. Für den Krieg... als Feinde, Silk... als Feinde! Ich wollte dies nicht....Ihr habt euch entschieden, so soll es sein.“
„Es liegt nicht an mir Malak. Ihr könnt mich nicht verantwortlich machen. Was ich bedauer ist einzig... einzig, dass es aus diesem Kampf kein entkommen, als den Tod gibt.“
„Ich muss dies tun, Silk... Wie auch ihr, versteht ihr denn nicht?“
„Ich verstehe, aber ich will nicht wahrhaben...“
„Und doch ist es so... werdet euch dessen bewusst, sonst überkommt euch der Tod schneller als ihr denkt...“
„Warum müssen wir streben - warum können wir nicht einfach sein?“

All die Zeit klang Silks Stimme nun leidend, als erfülle Schmerz den jungen Krieger. Er entgegnete dem Unwiderrufbaren mit Klagen; sein Gegenüber jedoch nur mit Trotz, wie ein Ebenbild des Silbernen.

„Weil _wir_ es nicht dürfen... weil es so ist. Akzeptiert es! Es gibt keinen Ausweg, weder für mich, noch für euch...“
„Den gibt es Malak, den gibt es... ihr wollt ihn nur nicht sehen und ich will ihn nicht sehen.“
„Nein, nicht in diesem Krieg! Fügt ihr euch, seid ihr ein Teil davon - tut ihr dies nicht, seid ihr nichts...“
„Malak, seht, was der Kampf bringen wird...! Tod... keinen Sieger...“

„Würdet ihr mir das Schwert in die Brust rammen, wenn ich es euch erbiete, Malak?“
Silk wollte von dem Paladin eine Antwort hören, die ihn überzeugte und ihm mehr Erkenntnis brachte.
„Ich würde es tun, doch nicht weil ihr es erbittet. Ihr dürft nichts erbitten, denn tut ihr dies hofft ihr und Hoffnung hat keinen Wert, glaubt ihr doch... seid ihr hier verloren.
„Und warum kämpft ihr Malak?“, klang es mit zittriger Stimme. Er wusste, wie er den Paladin nun anpacken konnte, wollte er sehen, was er draus machen würde.
„Weil ich mich nach einer anderen Welt sehne....“
Dies reichte Silk längst und hörbar flüsterte er die Worte, die er schon im Geiste ersann, bevor Malak seine Antwort gab: „...darauf hofft.“
„Einer mit den Gesetzen Mordûls, die Wahrheit die ich gelernt habe...
Ich hoffe nicht, ich kämpfe....“
Der Silberne senkte den Blick. Vielleicht mochte er lauschen, vielleicht nicht. Malak fuhr fort.
„Denn ich kann Dinge verändern zur Gunst meines Herren. Meine Klinge ist sein Wort, sein Gesetz, geschaffen um zu vollführen, seinen Willen, zu einer besseren Welt. Seiner Welt, unserer Welt!“
„Eurer Welt!“
„Ohne Krieg, ohne Lügen...Keine Tücke! Und selbst wenn es meine wäre, wäre sie besser als diese...“
Ein tonloses Lachen, als Hauchen entfährt Silk und vermengt sich schließlich mit der Luft. „Malak, das ist, wovor wir so knapp stehen. Beendet den Krieg und beginnt mit Gerechtigkeit... wahrer Gerechtigkeit! Das Land besteht, warum ein neues aufbauen?“
„Etwa eurer Gerechtigkeit? Bestimmt nicht mit dem Wort eurer Götzen, das ihr so hochhaltet, mit dem ihr in den Krieg zieht und fallen werdet, denn so ist es eure Bestimmung. Das Ende eines falschen Weges ist der Untergang!“
„Aber liegt es näher, als der Verrat und die Tücke Mordûls, die ihr so preist!“
„Ihr seid dem Untergang geweiht...Silk...Feind.“
„Wir sind alle dem Untergang geweiht... ausnahmslos.“
„Findet euch damit ab, wir werden nicht gemeinsam auf dieser Welt existieren können und selbst wenn wir uns gegenseitig vernichten, so ist es besser, als das gepriesene Wort eurer.... Blender. Es hat keinen Sinn Silk... Seht ihr es nicht?“
„Malak ihr hört euch an, wie euer kranker Priester!“
„Nur die Klinge kann mehr schaffen, was wir versuchen durch Worte zu erreichen...“
„Dann kreuzt sie mit mir...“
„Worte sind kein gerechtes Maß für die Wahrheit... Eure Worte... und wenn es keine Wahrheit gibt... Denkt nach! Müssen wir sie eben schaffen, denn wir führen die Klinge!“
„Ihr sagt, es gibt keinen Weg als den des Schwertes. Nun, Malak, ihr habt einen neuen Feind gefunden und euch eine neue Barriere in den Weg geräumt, wo immer ihr hineinstürtzen wollt.“
„Ich habe ihn nicht gefunden, denn er war mir von Anfang an bewusst. Ich habe mein Möglichstes probiert... an euch! Doch ihr wollt den Krieg, wir wollen den Krieg, auch wenn ihr es abstreitet. So ist es und wird es auf ewig sein... bis das Schwert bricht!“
„Wir wollen den Krieg nicht... doch noch weniger ergeben wir uns kampflos! Bis das Schwert bricht!“

Und mit einer blitzartigen Bewegung riss der Paladin die Klinge aus dem Boden und richtete sie hoch. „Wollen wir es hier enden lassen?“
Silk stand ruhig da, die Hellebarde jedoch so fest umklammert, dass das Weiß der Knöchel hervortrat. Malaks entschlossener Blick verriet den Hass, den Tod, so vernarrt war er in seinen Krieg, immerwährend bereit zu fallen... für den Einen. Silk senkte den Kopf, dass Malak das Gesicht kaum mehr sehen mochte. So starrte er zu Boden und blickte dann von unten herauf zu ihm, das Gesicht entschlossen zu heben. Wie kampfestoll schnauffte Malak aus, richtet ihm die Spitze der Klinge entgegen, dass Silk reagierend die Hellebarde mit beiden Händen griff und sie mit dem Blatt voran hielt.
„Ich respektiere meinen Feind, Silk, doch ändert es nichts an der Tatsache, dass einer von uns sterben muss, um endlich Ordnung zu schaffen. Und wer wird dies sein? Ich tippe auf euch...“
Wie eine Warnung leuchtete das Amulett auf seiner Brust nun dumpf auf. Mochte sich auch doch wohl nur das Restlicht der schwachen Wintersonne darin fangen.
„Ich werde nicht angreifen, doch werde ich nicht die Klinge vor euch senken. Greift ihr an. So werdet ihr nicht nur gegen mein Schwert zu kämpfen haben. Denkt ihr, dass ihr diesen Kampf gewinnt? Ist euer Glaube diesem gewachsen?“
Silk schluckte leicht. Das Zittern am eigenen Körper würde Malak nie auffallen, doch innerlich spürte er, dass der Paladin wusste, was in ihm vorging. Nein, sein Glaube war ganz sicher noch nicht fest genug, als dass er dem Mordûlsdiener widerstehen könnte, der beständig, die Klinge noch immer mit eiserner Faust umschlossen, vor ihm blieb. Silk bleckte die Zähne, einen Schritt machend. Sollte er widerstehen und fallen? Oder sollte er gehen und das Feld räumen? Die silberne Waffe lag zur Parade, wie zum Angriff, bereit in Silks Händen.
Malak umfasste die Klinge nun mit beiden Händen und richtete sie vor der Brust aufrecht, dass die Klinge in den Himmel deutete. Silks Atem ging hastig, doch Malak gab ihm mit diesem Schauspiel Zeit, wenn es doch gleichsam seine Wirkung nicht verfehlte. Der Tribun schloss die Augen, lauschte, seine Lippen bewegten sich zu den Worten, die sein Geist sprach, doch waren jene Worte nicht für diese Welt bestimmt. Er öffnete die Augen, seine Lippen bewegten sich weiter, ein flüstern, eine fremdartige Sprache? Wie ein Hauchen des Windes... Kühl, ein Bote des Todes. Malaks Körper mochte unter der aufkommenden Last der unausgesprochenen Worte beben.
Vorsichtig senkten sich Silks Augenlider, doch die Ohren, mochten noch jedes Geräusch wahrnehmen. Ohne ein Wort zu verlieren hasteten seine Lippen über Zeilen und Verse.
„ Nun?“, sprach er aus, hinter der Klinge, die sein Gesicht verdeckte.
Mit einem Mal stoppten die Zeilen. Zähne pressten sich aufeinander, dass die Kiefermuskeln hervortraten, innerlich rang er deutlich mit sich.
„Nun einen Angriff zu wagen wäre euer Verderben... Die Worte wurden ausgesprochen...“, kam es voraussagend von Malak.
Schnell setzte Silk einen Fuß vor, um Halt zu bekommen und in Kampfstellung zu gehen, während sein Oberkörper sich gegenteilig dazu lockerte, dann allerdings wieder bereitete. Selbst nach Außen hin mochte der junge Krieger so unschlüssig sein, wie es ihm nach innen hin fast spaltete und noch immer konnte er nur den Worten Malaks lauschen.
„Ihr müsstet schneller sein, als ich spreche....“
Er trat nun einen Schritt zurück, sich Zeit verschaffend, falls der Feind es tatschlich wagen sollte – hatte er Bedenken? Zweifel, dass er es nicht schaffen würde?
Silk richtete sich wieder zu voller Größe auf. „Es ist noch nicht so weit Malak. Ich werde es euch nicht so einfach machen.“
„Das möchte ich doch hoffen...“
Damit wandte Silk sich schließlich ab, völlig schutzlos seinen Rücken preisgebend ging er zum Pferd hin.
“Thlor!”, brüllte der Bändiger göttlicher Kräfte in den Wald, seine geistigen Worte in dieser Welt widerrufend, als wäre die erflehte Tat nun nicht mehr von Nöten. Und bei dem Gefühl, das Silk in diesem Moment überkam, wusste er, gut daran getan zu haben, sich nicht dem Paladin zu stellen. In schnellem Ritt verließ er die Lichtung, Malak vorher einzig wissen lassend: „Und schließlich wird Schatten weichen!“

 

Wenn Raben zehren... [Eisklinge – X]

Silk [Lux], Wächter des Lichtes

 

Harsch war Silks Schritt über den Hof in der Festung aus Licht gewesen. Doch als er gerufen wurde, hatte er sich dem Wachmann zugewandt, der ihn am Tor abpasste.
„Was gibt es Golranis?“, hatte Silk dann gefragt.
“Sire.. ein Mann befindet sich vor den Toren. Er wartet wohl schon einige Zeit auf Euch.“
Er wartete immer noch? Warum ging er nicht? Es war als lauerte dieser Mann nur seiner, als wollte er ihm Arges. Wieder und wieder ist er gekommen. Wieder und wieder war es nur Unheil, das er brachte. Sollte es wieder so sein?
„Hm. Ist gut, Golranis, danke“, hatte Silk nur gesprochen und Golranis trat wieder ab. Nur zögerlich ist er auf das Tor zugetreten.
“Grüße Silk...”, klang Julius emotionslos und steinerner Miene, fest und ernst und voller Verbitterung entgegenete ihm Silk. „Licht mir Dir, Julius Del'Venca. Du willst mich sprechen?“

Sie gingen abseits. Über die Ebene durch einen Pass, wie Julius es wollte. Sie betraten ein kleines Tal. Ein grüner Hain, ein kleiner Brunnen und ganz hinten konnte man die Statue der Eilistraee erkennen. Silk kannte diese Gottheit nicht, er wusste nicht, wen er da vor sich hatte, nur der Anblick dieser Statue jedoch strahlte eine Wirkung aus, die ihn glauben machte, dass er genau den passenden Ort gewählt hatte... für was auch immer kommen möge.

„Abseits genug?“
Andere, als harsche Worte, klangen nicht mehr aus seinem Munde. Seit dem Krieg auf der Schlangeninsel hatte sich vieles verändert. Silk trug nun einen Bartansatz im ganzen Gesicht, welcher in einem dreckigen Silberweiß schimmerte und ihn älter scheinen ließ, als er tatsächlich war. Einzig die tiefblauen Augen wirkten noch jung und agil, doch blich dieser Glanz, der sie prägte, so schien es, mit jedem neuen Tage weiter.
„Ja... vielleicht... vorgestern... oder gestern...“
Julius begann und er schien verwirrt, doch Silk wusste genau, was damit gesagt werden sollte. Er wusste noch genau was „vorgestern... oder gestern...“ geschehen ist. Er wusste es und er trug es tief in seinem Herzen wie ein Dorn, den ihm niemand mehr entfernen würde, ein Dorn, der mit jeder Bewegung tiefer stach und neuerlich Fleisch zum bluten bringen konnte.
„...nunja es war noch nicht alles was ich dir sagen musste.“
„Julius, ich will es nicht hören“, hatte Silk bitter entgegnet.
Doch Julius hatte gedrängt. Gedrängt, wie er es immer tat. Gab er sich nie mit irgendetwas zufrieden? Riss er jeder Wunde nur mehr auf, wenn er sich zielstrebig daran zu schaffen machte?
„Wann endete unsere Freundschaft eigentlich?“
„Ich kann es nicht sagen.“ Silk atmete tief durch.
„Leg den Schild bitte weg...“, sprach Julius etwas nervös, wie es schien, doch Silk hatte ihm nur lange entgegengesehen und schließlich den Schild gesenkt, um ihn auf dem Boden niederzulassen, skeptisch, doch ruhig.
„Schon seit etlichen Tagen lastet etwas auf mir, dessen ich mich nun entledige..“
Diese Worte allein klangen unheilvoll genug, als dass sein Gegenüber nicht hätte weitersprechen müssen. Doch er sprach weiter...
„Ich... ich habe Karedig geküsst... und...“ Julius verharrte.
Völlig emotionslos ist Silks Miene geblieben. Nur ein wenig zwinkerten seine Augen, als er ihm zuhörte.
„Es blieb nicht nur dabei...
Ich und sie... wir... ich denke wir lieben uns.“
Noch immer schwieg Silk gänzlich und keine Reaktion war erkennbar.
„Ich kann ohne sie nicht mehr leben und sie ist das Wichtigste in meinem Dasein... Ich wollte es dir nur sagen, weil ich immer noch dein Freund bin, oder war...“
Ein sehr schwaches Nicken folgte, kaum erkennbar, doch Silk hätte längst nicht mehr zugehört. Innerlich tobte etwas und es zerriss mit kräftigen Pranken all seine Brust. Nach außen jedoch, nach außen sah man keinen Wimpernschlag darum. Und solange es tobte, hielt er dessen aus, bis es sich schließlich niederlegte und er selbst kein Regen mehr spürte. Wie, als wäre es überstanden.
„Silk, du hast dich verändert... Wo bleiben deine Gefühle?“, klang die Stimme Julius’ immer noch überraschend ruhig. Doch hatte Silk sich nur herabgebeugt, den Schild gegriffen und fester Stimme trocken geantwortet: „Sie sind mit meinem Sohn gestorben...“
Julius widersprach: „Nein sind sie nicht...“.

...doch das waren sie. Als Julius, ausgerechnet Julius!, ihn an den Druidenhain führte, an den Hain bei dem sein Sohn begraben lag - das Kind, das nicht einmal das Licht der Welt erblicken konnte, bevor es starb -, da hatte er niedergekniet. Kultisten wären es gewesen, sagte Julius, ausgerechnet Julius!, und rammt ihm damit einen messerscharfen Dolch durch die Rippen in das Herz hinein, ohne nur einen Finger zu rühren... als er unter dem Mantel aus mattem Weißgrau, der einst die strahlenden Farben der Wächter des Lichtes trug, so zusammengekauert vor diesem Grabe kniete, als Julius ihm vom Kulte sagte, da zerrte erneut der Schmerz an ihm, als schnitten die Narben noch einmal auf... und als Julius dann, ausgerechnet Julius! dann, ihm diejenige brachte, die aus dummer Unvorsicht den Tod des kleinen Lichtes, seines kleinen Lichtes, dem hellenden Stern in der Finsternis, verschuldete und diese Schuld ihm dann vorwarf... da war aller Schmerz zu mächtig, aller Leiden war zu viel und es brach aus ihm heraus. Es brach so verachtend und so strafend ihr entgegen, die er vormals so geliebt. Es brach wie krank aus seinem Herzen, als er ihr entgegenrief:
„Geh mir aus den Augen, Weib. Du widerst mich an...“
Es brach hervor, als er schnellen Schrittes diesen Ort verließ, um nicht sehen zu müssen, um nichts mehr sehen zu müssen von alledem und unbändig brüllte er alles in nur zwei Worten heraus...

Schließlich jedoch blieb er kniend, kniend unter einem Mantel aus Ergebenheit. Gebeugt, gebrochen, gemartert und er antwortete Julius: „Werdet glücklich, ja?“ und ging und ohne auf Julius zu hören, schritt er an ihm vorbei gen Pass. Doch als Julius Blick gequälter wurde, da lief er ihm nach, stellte sich in den Weg, den Silk nur eilig schritt. „Nein“, hatte er gesprochen, „bitte geh jetzt nicht...“
Wieder klangen des Wächters Worte harsch:
„Was soll ich machen, Julius? In Tränen niedersinken?
Ich bin nicht mehr zu brechen... Irgendwann wird der Ast so klein, dass man ihn kein weiteres Mal brechen kann.“
Jedes Wort klang wie der Hammer im Gerichtssaal, wie eine zornige Anklage.
„Du sollst mir sagen, wie du dich fühlst und ich will wissen wo wir stehen.“
„’Wir’ stehen nirgends Julius. Ich stehe und du stehst auch und wenn du zu mir kommst, dann werde auch ich gehen.“
„Halt!“, rief Julius wieder, als Silk weiterschritt.
„Tu es nicht, Julius Del'Venca.“
„Was nicht tun?“, hatte er gefragt und langsam griff die Hand an seinen Oberarm.
„Halte keine Rastlosen auf.“
„Wenn es sein muss, dann tue ich auch das..“, hatte Julius beharrt, wie er immer beharrte.
„Ich bin tausendfach geschlagen. Mein Herz besteht aus mehr Wunden, denn Fleisch. Füge keine weiteren hinzu!“
„Ich habe dich schon so sehr verletzt, dass ich es nicht weiter vermag...“
„Du schaffst es mit jedem Wiedersehen ein stückweit mehr. Geh, Rabe, der du von Leichen zehrst!“

„Wie sehr glaubst du schmerzt es mich, nun dies tun zu müssen? Glaubst du etwa ich bin stolz darauf meinem besten Freund das anzutun?“
„Nein, aber ich weiß, dass du es nicht wieder gutmachen kannst. Dein Anblick straft mich jeden Moment.“
„Und warum straft er?“, hatte Julius gefragt. Warum fragte er nur so etwas? Warum immer wieder?
„Weil er mich daran erinnert... daran, was war... und zwar deutlich und genau.“
„Und an was erinnert er dich?“
„An Unheil, an Tod, an unsägliches Leid, Julius... jeden... Augenblick.“
Julius löste die Rüstung. Er reckte ihm frei den Oberkörper hin und dann hatte er gesagt: „Tu mir das an, was ich dir antat!“
Silk konnte nicht einmal müde Lächeln. Wie glaubte dieser Wirrkopf, er könnte nur annährend das Leid erfahren, das Silk tragen musste, durch Hiebe! Wieder hatte er den Blick starr auf die Brust des Gegenübers gerichtet, nur schwach den Kopf geschüttelt und „Das kann ich nicht..“ gesprochen.

Und dann hatte Julius etwas gesagt, das Silk längst erwartet hatte und doch - und doch! - ging Silk darauf ein. Wieder hatte er ihn zum Duell gefordert, nein... gebeten. Wieder war Silk wortlos zur Arena geschritten, wortlos hatte er sich der Rüstung entledigt, die Fibel des Mantels um die Schultern gelöst und wortlos hatte er das Schwert gezogen. Wieder hatten beide aufeinander eingeschlagen und wieder floss Blut auf den Boden der Arena am Turm des Lichtes. Und wieder fiel Julius auf die Knie. Kein Stoß Silks war es, nur der tore Ansturm in die blanke, erhobene Klinge, die tief in die Hüfte des Gegenübers trieb.

Augenblicke waren vergangen, als Silk mühevoll mit Julius Wunde rang. Er kämpfte und er drängt das Blut wieder zurück hinein. Weit genug um den Verletzten in die Nahe Festung zu bringen. Eine Bedienstete nahm sich dort seiner an. Er hatte noch am Bett gestanden und war dann gegangen. Auf der Treppe rief sie ihm halblaut noch ein „Sire..“ nach, dass von einer Regung Julius’ künden wollte, doch es klang nur abweisend hinauf: „Nein! Ich bin nicht zu sprechen!“

...

Wenn Raben zehren, dann beginnen sie nicht mit dem Herzen. Sie beginnen nicht mit dem Fleisch, nicht mit dem Blut. Wenn Raben zehren, tragen sie die Seelen der Toten davon und Gefühl und Kraft und Willen. Sie bedienen sich nur Gestorbener, sind Boten und Begleiter, doch Leid bringen können sie nicht. Leid bringen, dass kann nur Hass allein...

...

Er hatte sein Zimmer erreicht. Er hatte keinen Augenblick damit verschwendet sich umzublicken, denn einziges Interesse galt der Rüstung, die er eilig anlegte und der Klinge an der Wand. Sie war aus Platin und edel bestückt. Es war das zweite Schwert, das er nun bei sich trug, denn das andere, das gleißend weiße, hatte er immer zur Seite. So war er vorangeprescht, immer der Grenze zu, einzig vom Zorn getrieben. Als seine Stute sich aufbäumte und er voran die dunkle Wacht der Orken erkennen konnte, da schrie er laut bis in die Lande des Bundes die einzigen Worte, die er fand: „MORDÛL, VERRECKE!“

 

Duell um die Krone [Eisklinge - XI]

Malak Rhantyr

 

Schlaftrunken öffnete er die Augen und schloss sie sogleich wieder. Erneut die gleiche nüchterne Erkenntnis wie an jedem Morgen, nichts hatte sich verändert seit dem Tag seiner Ankunft im dunklen Heim der Schwarzen Krone. Das Zimmer war wie üblich gedimmt, kein Unterschied für die Augen, ob es nun Tag war oder Nacht. Es war die Kathedrale Morduls, ein finstrer Ort, wo eine Sekunde einer Ewigkeit glich und ein Menschenleben manchmal so lange andauern konnte wie ein Atemzug. So war sie, seine Festung, sein Heim, dem dunkeln Gott würdig, in tiefschwarzem Marmor gehalten, gleich einem Spiegel seiner bösen Seele, dort betete und hauste der ehemalige Tribun nun seit geraumer Zeit. Für sein Versagen im Bund hatte er längst gebüsst, all seine Befehlsgewalt für nichtig erklärt, ausgepeitscht bis zur Bewusstlosigkeit, Tag für Tag, verachtet selbst von den niederen Lakain der Priester. Auch wenn die Wunden längst vernarbt waren, sie brannten noch immer, die Eisenfesseln, sie schmerzten noch immer an seinen Gelenken. Dies war die milde Strafe seines Herren, und er war gnädig.
Behutsam strich er die seidige Decke vom Körper und richtet sich auf dem Bett auf. Wie üblich hatte er schlecht geträumt, kaum geschlafen, die Augen unerholt und errötet. Sein Blick fiel auf den am Stuhl hängenden Waffenrock und die beiden Klingen. Die eine platinfarben, die andere nachtschwarz, beides Artifakte einer längst verstrichenen Zeit. Man hatte sie ihm also zurückgegeben, seine beiden Klingen, Sorthar und Tharlor, Schwertbrecher und Seelenknechter, wie sie von seinen Feinden genannt wurden. Eines Tages würden sie ihn beide verschlingen, so sehr lächzten sie nach Verwüstung und Blut, dachte er.
Rasch hatte er seine Kleider angelegt und stand nun inmitten des dunklen Bauches der mächtigen Kathedrale. Mächtige Fassaden zu beiden Seiten, verziert mit den bruchstückhaften Bildern der dämonischen Kriege der letzten Jahrtausende, ein Anblick der Verwüstung und des Grauens, die Geschichte seines Ebenbildes umrandet mit seiner blutigen Schrift, den Symbolen und Zeichen der Krone. Mittlerweile hatte er täglich eines dieser Bilder studiert und dennoch hatte er eine gehörige Anzahl dieser Kunstwerke noch nichtmal aus seinen Augenwinkel heraus betrachten können so weit erstreckte sich der mächtige Gang bis in die tiefsten Abgründe seiner Seele, so schien es. War es ein Bluff oder ein billiger Zaubertrick, dieses Rätsel quälte ihn nun schon seit seiner Ankunft, oder wieso gelang er noch nie an das Ende dieses Raumes? Seine unheilvolle Gabe einen Ort mit wenigen Atemzügen und Blicken zu verbrauchen schien hier keine Gewalt zu haben, keinen Halt zu finden, beinahe wie er selbst.
Bedacht setzte er langsam einen Fuss vor den anderen, ein jeder Schritt hallte durch das Gemäuer und ein leichtes Pochen stellte sich zwischen seinen Schläfen mit jedem weiteren ein. Es wurde lauter, unangenehm penetrant wie die Kriegstrommeln der Orken zu seiner Zeit, als würde ein Schmied auf glühendem Eisen hämmern. Er hielt inne, es ward ruhig, wie zuvor erfüllte Stille den mächtigen Bauch der Kathedrale. Ein Wispern, ein Kichern, nicht zu eruieren woher es kam. Blitzschnell wandte er sich um, die Hand am Knauff des Schwertes, bereit es jeden Augenblick aufblitzen zu lassen. Nichts war zu sehen und es war amüsant für ihn festzustellen, dass er bereit war im Heim des Fürsten seine Klinge zu ziehen, doch war es viel weniger Absicht als ein über die Jahre antrainierter Reflex bei Gefahr das Heft des Schwertes zu ergreifen. Die Erheiterung war kurz, ringsum hatte sich etwas verändert. Der Schein der lodernden Fackeln schien zu erschwächen, wurde kleiner, als würden sich die Wände von ihm entfernen. Die Erfahrung lehrte ihm die Dinge so zu belassen wie sie waren, konnte er doch ohnehin nichts dagegen tun. Womöglich war es das Werk dieses Priesteraspiranten Kerdon, niederträchtig wie dieser war, sprach dies alles durchaus für ihn. Einen gefallenen Tribunen niederzustrecken könnte seine eigene Position durchaus stärken, das zumindest, liess er bei seinen letzten Begegnungen immer wieder durchsickern. Doch es war egal, mit seinem Leben hatte der Paladin schon Jahrzehnte zuvor abgeschlossen. Zwar setzte er es nicht ohne weiteres aufs Spiel, doch die Angst davor zu sterben hatte sich im Laufe der Zeit eingestellt.
Erneut setzte er einen Fuss voran, und es war wie ein Dolchstich in seinem Gehirn als er aufsetzte. Es schmerzte und brannte zwischen seinen Schläfen, in seinem Kopf, wie ein Feuerwerk in seinem Inneren. Insgeheim verfluchte er diese verdammten Magier, jene die Stahl in Asche verwandelten und nach jedem Schwerthieb hinter seinem Rücken standen. Der Schmerz war erdrückend, es kostete zu viel Kraft sich noch auf den Beinen zu halten, so ging er in die Knie, versuchte seine Gedanken zu sammeln um zumindest irgendetwas diesem entgegenzubringen.
“Reudiger Hundesohn! Ihr enttäuscht mich, ist das etwa alles?” brüllte der dunkle Paladin in den Raum, der nun endgültig mit Dunkelheit gefüllt war.
Eine Schwachstelle hatten diese Magier dennoch, es war ihre Eitelkeit und ihr Hang zur Selbstüberschätzung. Solch einer Beleidigung folgte immer eine Antwort und sie kam. Überwältigender als er es sich gedacht hatte. Es gab immer zwei Möglichkeiten von Schmerzen. Jene die töteten und jene die ihn mit der Zeit in den Wahnsinn trieben. Der Priester hatte falsch gewählt, wie erwartet konnte er den Paladin nicht einfach töten, nein er musste erst mit ihm spielen, doch das Spiel mit dem Feuer konnte ein gefährliches sein.
Der Zeitpunkt war erreicht, wo die Schmerzen langsam zur Gewohnheit wurden, der finstre Hass seine volle Stärke gewann und sich seinen Weg aus der Tiefe seines Geistes ebnete.
Voller Innbrunst lachte er schallend auf, erhoben von dieser dunklen Droge.
“Was seid ihr doch für ein erbärmlicher Versager....IST DAS ALLES? Oder kann ich noch mehr von eurer Taschenspielermagie erwarten?”
“Euer närrisches Lachen ist der Vorbote eures Todes Rhantyr...Ich bin euer Tod, der Vollstrecker des einst glorreichen Tribunen. Ihr seid doch bloss noch ein Schatten eurer selbst.”
Er hatte sich also verraten, es war die Stimme des Aspiranten. Der Paladin, noch immer kniend am Boden blickte schmunzelnd in die Dunkelheit. Auch wenn sein Gegenüber vielleicht Recht hatte, es war der Augenblick der zählte, nicht die Vergangenheit. Und in diesem Moment war er bereit jeden zu töten, der ihm im Wege stand. Seine Finger verkrampften sich zaghaft um die beiden Klingen, sein Körper war erfüllt von Anspannung, der Hass brodelte, die Schmerzen waren ein Ansporn für seine dunkle Saat.
“Von Angesicht zu Angesicht....Ihr solltet mir danken, dass ich euch diesen edlen Tod gewähre, Rhantyr”
Er verengte die Augen, nun würde der junge Priester auftauchen. Er musste schnell sein, seine einzige Chance um dem Feind aus den eigenen Reihen die Stirn zu bieten.
“Dein Verderben”, hauchte Kerdon aus während blaue Funken über seine ausgestreckten Finger sprangen und seine Hände erleuchteten. Es knisterte und die Anzahl der tanzenden Blitze nahm zu, alles war, als würde die Zeit in diesem Augenblick weitaus langsamer als zuvor vergehen.
“Jetzt stirbst DU!”
Mit einem lauten Donner entlud sich die Energie aus seinen Fingerkuppen und schoss in einem gewaltigen, silber-bläulichen Strahl durch den dunklen Raum, dass die Luft ringsum zischend auseinander gerissen wurde und die Explosion die weiten Teile der Kathedrale ausleuchtete...
Einige Augenblicke zuvor:
“Jetzt oder nie”, dachte der Paladin und stürmte wie vom Wind gepeitscht nach vorne los.
Er lief so schnell ihn seine Beine trugen, das Gesicht vor Anstrengung und Verbissenheit verzerrt eilte er im vollen Lauf dem gleissenden Licht entgegen. Langsam wurden die Konturen des Priesters schärfer, die beiden Konkurrenten waren sich nun Auge um Auge gegenüber. Malak liess es darauf ankommen, dass er hier nicht mehr unbeschadet herauskommen würde stand ohnedies fest.
Wenn er schon bluten oder gar sterben sollte, sollte es dieser verfluchte Priester auch. Entschlossen seinem Feind nichts zu schenken riss er im Lauf beide Klingen aus den Scheiden und richtete sie auf sein Gegenüber. Wenn überhaupt würde ihm ein Streich bleiben und dieser musste sitzen. Gedanklich markierte er die Stelle am Körper des Priesters. Quer über den Brustkorb durchziehen, das war das Letzte was ihm noch durch den Kopf ging, bevor das Licht ihn umhüllte und die Haut um seine linke Schulter auffriess.
“Kann nicht...”
Ungläubig riss der Priester die Augen auf, während er den Streich der pechschwarzen Klinge mitverfolgte. Beim Versuch dem Hieb zu entrinnen schlug er die Arme vor den Kopf. Todesangst liess in diesem Augenblick seinen Körper erbeben, während der eiskalte Stahl sein Schlüsselbein durchbrach und quer durch den Körper schnitt, unbeeindruckt von den Rippen, die krachend nachgaben und durchtrennt wurden, wie auch sein Herz. Eine Blutfontaine ergoss sich über den Marmor als der Priester zusammenbrach und seine leiblichen Überreste von seiner eigenen, hervorgerufenen Explosion wahllos durch den Raum verteilt wurden.
“...wahr sein”
Der Blitz traf Sorthar, floss durch die Klinge durch, dass sie glühte und dem Paladin aus der Hand gerissen wurde, während der Funke auf seinen Körper weiter übersprang und in der Schulter einschlug.
Er spürte wie sein eigenes Fleisch an dieser Stelle verkohlte und sein Körper wehrlos nach hinten geschmettert wurde. Den Fall konnte er noch miterleben bis sein Kopf hart auf den Boden aufschlug und sich die Dunkelheit wie ein Nebel über sein Augenlicht legte.
Das Schauspiel hatte sein Ende gefunden.

 

Rückkehr nach Seandomhan [Eisklinge - XI]

Malak Rhantyr

 

Dumpfer Applaus drang aus der Ferne in sein Ohr, gerade laut genug um seinen Geist vom Weg ins andere Reich zurückzuführen, gleich einer verlockend winkenden Hand, einem Wegweiser ins Hier und Jetzt. Instinktiv hielt er an ihr fest, liess sich führen, bis an das Ende des Weges zurück in die Realität, wo die Qualen mit jedem Abschnitt seines Lebens zunahmen.
Benommen öffnete er seine Augen, die wie lange feuchte Sehnen herbhängenden Haare trübten die Sicht. Sein gesamter Körper schmerzte, der Gedanke alleine sich aufrichten zu wollen liess ihn ächzen.
Der Applaus liess nach, nur mehr sporadisch hallte er um ihn, bis er langsam gänzlich verstummte.
“Beeindruckend, damit hatte ich nicht gerechnet, doch immerhin...Ihr habt uns beiden einen großen Gefallen getan. Novizen..Schafft ihn hier weg und versorgt ihn....Wir sprechen uns noch, Paladin”
Die Zeit heilt alle Wunden heisst es, zumindest physische und augenscheinlich war dies auch so. Die Heilkundigen der Krone hatten ganze Arbeit an ihm verrichtet, lediglich eine lange, blassrosane Narbe blieb als stiller Zeuge des Duells an seiner Schulter zurück. Der durch die Mittel hervorgerufene, permanente Halbschlaf hatte sein Zeitgefühl getrübt, es hätten Tage oder Monate sein können die er nun im Bett verbracht hatte, doch was nun tatsächlich stimmte war ohnedies von wenig bedeut.
Knarrend öffnete sich die Tür zu seinem Gemach, als einige Novizen eilenden Schrittes auf leisen Sohlen in den Raum tippelten und sich um seinen Schlafplatz stellten. “Milord, der Patriarch wünscht euch zu sprechen. Er verlangt umgehend nach eurer Anwesenheit”, sprach einer von ihnen, als er sich sogleich wieder mit einem abschliessenden Nicken entfernte, gefolgt von seinen Begleitern.
“Milord?”, erfragte der dunkle Paladin gedanklich, überrascht über die Nennung des Titels, dieses Wort welches er schon seit Ewigkeiten nicht mehr vernommen hatte. “Wie auch immer, lassen wir ihn nicht warten.” Rasch warf er sich die sauberen Kleider über den Leib und schloss den Waffenrock um die Hüfte.
Es war kein weiter Gang in das Arbeitszimmer des Patriarchen, als er schon von den Novizen empfangen wurde, die ihn hineinbegleiteten. “Milord, der Patriach”, sprach einer seiner Begleiter und verbeugte sich ehrerbietend vor der Person. “Mortem Luci Paladin Rhantyr”, entgegnete der Patriarch mit umzirzendem Tonfall, seidenweich, doch hatte der Klang etwas geheimnisvolles, ähnlich einem versteckten Dolch, einer Falle, so subtil und unberechenbar, wie er es nur von wenigen Menschen, ihn selbst eingeschlossen, kannte. “Mortem Luci Patriarch K’ztah”, erwiderte Malak und verbeugte sich angemessen seines Standes. “Ihr wolltet mich sprechen?”
Der Patriarch nickte stumm, liess die Zeit einen Augenblick lang verstreichen während er den Paladin offenkundig musterte, was gegenseitig geschah. Malak kannte den Führer der Krone nur von Erzählungen, Gerüchten und seinen Büchern. Er hatte seine Gestalt falsch eingeschätzt, vor ihm sass ein Mann, elegant seine Figur, bedeckt von einer roten, mit reichlich schwarzen Runen verziehrten Robe. Jung schien sein Gesicht, unbefleckt, nicht zu blass, er sah sich beinahe selbst in seinen jungen Haaren.
Der Patriarch schmunzelte, gefolgt von einer amüsierten Geste in die Richtung des Paladins. “Ich hatte mich euch anders vorgestellt.” Das Lächeln verblasste als Malak keine Regung zeigte, lediglich in demütiger Haltung verblieb und auf das wahre Anliegen des Patriarchen wartete.
“Nun gut, kommen wir also gleich zu euch. Ich habe euren Akt nochmals genau studiert. Eure Verdienste gegenüber der Krone, dem Kult und Mordul waren tadellos...Bis auf eine Passage. Ich habe sie gestrichen, sie hat mir missfallen. Immerhin habt ihr euch dieses lästigen Aspiranten entledigt, ein Gefallen den ich euch hoch anzurechnen habe. Ich kann mit Leuten die nach meiner Position trachten einfach nicht leben. Aufgrund dieser Tatsache erhebe ich euch zum Protektor der Krone, ein Titel, eine Aufgabe die nur wenigen vergeben wird. Ihr untersteht von nun an nur meinen persönlichen Anweisungen, seid Botschafter und Bewahrer unseres Glaubens, Schwert und Schild unserer Reihe. Ich habe mich entschlossen euch zu eurem ehemaligen Kult zurückzuschicken, sie werden eure Unterstützung sicherlich zu schätzen wissen. Ich wünsche, dass ihr sogleich abzieht und eine Schiffsladung mit einigen Relikten und Gold nach Seandomhan eskortiert.
Mordul mit euch, Protektor”

 

Heimkehr [Eisklinge - XII]

Malak Rhantyr

Die Erde schien zu beben als sich die mächtigen Pforten der Kathedrale öffneten, angehäuftes Geröll knirschend vor sich herschoben und sich gleissende Sonnenstrahlen ihren Weg durch die Öffnung in den Innenhof ebneten. Das Herz schien der gesamten Dienerscharr zu stocken als sie, wohl zum ersten Mal in ihrem Leben, vom grellen Licht der thronenden Feuerkugel geblendet wurden. Rasch zogen sie ihre Kapuzen tiefer, um ihre sensiblen Augen zu schützen, Augen die nur schwaches Licht gewohnt waren, die täglich Schriftzeichen zu entziffern hatten, verwundbare Augen.
Umrundet von einem halben Dutzend Wachen stand er da, harrte aus in seinem polierten Harnisch, als auch ihn das Licht umhüllte. Er blinzelte, lange liess er die Augen geschlossen, auch ihn schmerzte der Anblick, doch er hatte sich daran zu gewöhnen, jetzt wo er wieder den unwirrschen Naturkräften ausgesetzt war. Es überraschte ihn, dass die Pforten geöffnet wurden, wo es doch mehrere kleinere Eingänge gab, doch das war nicht das einzige was ihm durch den Kopf ging. Noch immer hallten die letzten Worte des Patriarchen in seinem Kopf, seine neue Aufgabe, dies alles kam plötzlich und unabsehbar, zu beurteilen, ob es nun Segen oder Fluch war masste er sich nicht an. Es war seine Bestimmung, nun würde er dem Fürsten dienlicher sein können.
“Morduls Heim zum Abschied, möge unser Fürst unserer Reise wohlgesonnen sein und uns erneut willkommen heissen, so unsere Aufgaben erfüllt sind. Abmarsch”
Die gepanzerte Hand gen Himmel gestreckt marschierte er los, der Gang anfangs plumb und unkontrolliert kostete ihn Kraft. Es war bereits eine lange Zeit her, als er das letzte Mal den schweren Harnisch in den Farben Morduls vollgerüstet am Körper trug. Auch wenn es sich keine der Wachen anmerken liess stand es für ihn fest, dass sie ihn wohl amüsiert nebenher beäugten, so wie er ging, gleich einem ungeübten Knappen, der zum ersten Mal seinen Panzer anprobieren durfte um einige Schritte zu laufen.
“Haltet die Fahnenstange hoch!”, bellte er zu einer der Wachen, die die ehrenwerte Aufgabe erhalten hatte die Zeichen Morduls über ihren Köpfen wehen zu lassen, gleich einem Fest oder einem Mahnmal, auf dass jeder bereits aus der Entfernung wisse wer durch die irdischen Wälder wandelte.
Mit einem raschen Nicken gehorchte der Mann und hielt die Stange nun im Gang höher, sichtlich geplagt von der schweren Last.
Die Sonne hatte ihren Zenit erreicht, als die Truppe eine kleinere Siedlung passierte. Bauern, die auf ihren Feldern arbeiteten, Söhne die ihnen halfen, sie alle horchten auf, liessen ihre Arbeit ruhen, als sie die Zeichen Morduls sahen.
“Ehre Mordul und seinem Gesandten, tretet beiseite”, liess eine der Wachen über die Lichtung erschallen.
“Ehre Mordul und seinem Gesandten!” antworteten die Einheimischen, sichtlich verängstigt und unsicher über den dunklen Besuch. Man konnte die Furcht ihren Augen ansehen, keiner rührte sich und alle blickten sie auf den finstren Paladin, als würden sie einen Schwertstreich in ihre Richtung erwarten.
Keiner seiner Gesichtsmusklen zuckte, seine Miene war starr, gefühlslos, gewöhnt kalt und unbarmherzig, wie es nur wenige Menschen aufbrachten. “Mordul mit Euch Bewohner Helthrits, Diener des Prinzen.”, brachte Malak sichtlich unberührt hervor, während er seinen Gang fortsetzte, bemüht seine Statur aufrecht zu halten. “Herr!”, brüllte es einzeln aus der Menge. Der Paladin hielt inne, sein Gemüt tobte, wer störte? “Die Abgaben sind zu hoch Sire, ich schaffe es nicht mehr meine Familie zu ernähren. Ich ersuche um Gnade vor Mordul meinem Fürsten!” Alle Augen starrten ungläubig auf den Bauern, der eine oder andere, so schien es, wollte sich bereits dieser Bitte anschliessen, als die Stimme des Protektors ertönte: “Tretet vor” Zaghaft gehorchte der Mann mittleren Alters, verschmutzt war seine Kleidung, seine Hände geschwollen und von getrocknetem Blut gezeichnet, die schwere Arbeit auf den Feldern Morduls forderte ihren Tribut. Einen Augenblick lang blickte ihm der Paladin in die Augen, musterte ihn kurz. “Herr?”, flehte der Bauer mit Tränen in den Augen, als ihn die gepanzerte Faust des Protektors mit voller Wucht am Kinn traf, dass es mit einem lauten Knacken zerbarst und der Mann auf der Stelle bewusstlos zu Boden geworfen wurde. “Nun habt ihr ein Maul weniger zu füttern, nehmt Euch in Acht mit euren Wünschen Bewohner Helthrits!”
Seinen Grimm zur Schau stellend wandte er sich am Absatz um und marschierte weiter, mit ihm seine Gesandtschaft, gemischte Gefühle unter ihren Gesichtern. Die einen nickten anerkennend, während die jüngeren, wohl etwas sanfteren Gemütes, den Kopf demütig senkten.
Ein sanfter Hauch von rot beschlich den Himmel, die Abenddämmerung legte sich über das Land als die Truppe die Hafenstadt Sinbul erreichte. Reges Treiben wo man nur hinblickte, hier blühte der Handel bis spät nachts, selbst bei schlechter Witterung. Brüllend feilschten die Markthändler um ihre Waren, Gold, Silber, Weihrauch, Elixire und alles was von Wert war fand hier neue Besitzer.
“Kronenritter, gebt Bescheid von unserer Ankunft. Wir werden die Nacht hier verbringen und morgen früh in See stechen. Der Rest des Tages sei euch freigestellt”, gab Malak kund während er beschloss sich diese einzigartige Stadt näher anzusehen.
Die Nacht brach herein während der Paladin durch die Strassen wandelte, die Leute beobachtete und seinen Gedanken freien Lauf liess. “Psst, Sire!”, zischte es neben ihm. “Gewiss seid ihr interessiert an diesem feinen Stück, ich schwöre es ist magisch” - “Geht mir aus den Augen”, antwortete Malak harsch, sichtlich unbeeindruckt von den Worten des mysteriösen Händlers. “Aber seht doch nur”, beharrte der Händler weiter, während er dem Paladin einen Schwertknauff vor Augen hielt. Unter anderen Umständen hätte er ihn auf der Stelle niedergestreckt, solch penetrante Gesten verabscheute er wie nichts anderes, doch sein Augenmerk fiel auf die Inschrift der Klinge und liess ihn inne halten.
“Den Ahnen Ceronimus”, war es in den Knauff der Klinge eingebrannt, deren Schneide man voller Dreck nur erahnen konnte.
Argon der Rote erwähnte einst die abenteuerlichen Geschichten um Ashgad, der flammenden Dämonenklinge, der Waffe des Fürsten Trorlach, geschmiedet im Tal des Gerenam, voll unbändiger Macht, dass Worte alleine ihrer Zerstörungskraft nicht gerecht werden konnten. Es hiess, dass ein Gläubiger Ayanyehs sich auf die Suche nach dieser Waffe gemacht hatte, begleitet von seiner Klinge Izual, der berüchtigten Eisklinge wie sie genannt wurde. Die Klinge blieb nach dem Tod Endrophil Ceronimus verschollen, nur Sagen rankten sich noch um ihre Existenz.
“Izual...?”, entfläuchte es dem Paladin ungläubig. “Woher habt ihr dieses Schwert?”
“Ich habe es gefunden, mehr kann ich euch nicht sagen Sire...Doch mein Gold ist erschöpft und ich bin bereit euch dieses Stück zu verkaufen, zumindest seht ihr nach einem Herren aus, der sie sich leisten könnte”, sprach der Händler gerissen, während er die Klinge in die Hände Malaks legte und sich die Hände rieb. “Euer Preis?” - “Macht ein Angebot.”
Schnaubend griff der Paladin nach seinem Goldbeutel und entleerte ihn auf der flachen Hand. Einige Edelsteine und Gold kamen zum Vorschein, kein geringer Reichtum. “Alles!”, fauchte der Händler während ihm die Gier in den Augen stand und er hungrig nach Gold nach der Hand Malaks griff.
“Die Hälfte und ich verschone euer Leben”
Entsetzt blickte der Händler ihm in die Augen und als er begriff wie ernst es dem Dunklen war willigte er verschreckt ein. “Ihr seid ein gnädiger Herr”, stutzte der verlumpte Mann heraus, als er sich knapp verneigte und mit dem Gold davoneilte, in die nächsten Seitengasse einbog und nie mehr gesehen ward.
“Ich danke”, brachte der Paladin noch hervor, bevor sich ein hinterhältiges Schmunzeln auf seine Lippen legte und er Izual hinter seinen Umhang verschwinden liess.
Kein Auge machte er diese Nacht zu, die ganze Zeit widtmete er sich der Klinge, polierte sie über Stunden hinweg, bis es an der Tür seines Gästezimmers pochte. “Protektor, das Schiff wartet!”, drang es hinter der Tür hervor. “Gut..”
Schnell hatte er seine Sachen zusammengepackt und das Schiff betreten. Unter Deck, in seiner schmalen Kabine, warf er wieder einen Blick auf die Klinge, die nun bläulich matt schimmerte, befreit von allem Schmutz, der sich über die Jahrzehnte auf ihr angesammelt hatte. Es war ein befriedigendes Gefühl die Waffe des Feindes in den Händen zu halten. Er würde sie zerstören und sich ihrer Kraft bedienen, so er dies konnte, das war gewiss, bis ihm ein weiterer Name ins Gedächtnis schoss:
“Silk” Mit diesem Ordensritter verband ihn nun nur mehr eines, sein Hass, ein Mann dem er am Liebsten nie begegnet wäre, jemand der ihm wie kein anderer die Stirn bot, der ihn beinahe zweifeln liess. Ein Mann des Glaubens, so besessen, dass kein Paladin, kein Priester, nicht einmal der Tod ihn bekehren konnten. Silk Celebdam, sein Versagen hatte einen Namen, seine personifizierte Nemesis.
Er durfte auf keinen Fall von seinem glücklichen Fund erfahren, oder doch? Er scheute diesen Mann, wie gebrannte Kinder das Feuer, und doch wollte er sich erneut messen.
Die Tage vergingen, kein einziges Mal wurde an Land angelegt, bis sie endlich ihr Ziel erreicht hatten. Rasch wurde das Schiff entladen, einige Karren vollgepackt mit Truhen unterstanden nun seiner Obhut.
“Buccanears Den dankt Euch, Reisende...”
Mit einem lauten “Ahoi” legte das Schiff wieder ab und segelte der Sonne entgegen, bis nur mehr ein Punkt dessen zu erkennen war. Es hatte sich bezahlt gemacht Piraten für diese Schiffsfahrt anzuheuern, die Krone scheute keine Gelder um ihre Fracht sicher am Zielort ankommen zu lassen, dachte der Paladin während er den Zug begleitete.
Sie waren angekommen.
Gefestigten Schrittes, seinen Gedanken freien Lauf lassend ging er auf die Tore des Kultes zu. Welche Rolle würde er nun spielen? Die des Führers, oder doch nur die des Knappen? Die des Schöpfers, oder die des Vernichters, des Siegers oder des Verlierers? Vielleicht gar keine...Vielleicht würde er auch sein langersehntes Ende finden, in diesem Land, welches ihm weder heimisch noch fremd erschien, Seandomhan. Blut würde fliessen, das war gewiss, und dieses war rot...überall...auch seines.

 

 

Gebrochene Flügel [Eisklinge – XIII]

Silk [Lux], Wächter des Lichtes

Stickige, rußdurchsetzte Luft füllte seine Lungen wieder und wieder und ließen ihm keinen Atemzug ohne Schmerzen in der Brust. Die Fesseln, so gut es ging um alle Gelenke gezurrt, banden seinen Körper eng an die harte Pritsche auf der er lag. Die Augen tränten, vor allem vom Schweiß, der seine Haut unter dem beschlagenen Leder und von der Stirn über das ganze Gesicht hinabrann, so brütend warm hatte man diesen Kerker, in dem man Silk hielt, gehitzt.

Die erste Nacht war nun vorüber... oder war sie das?
Kaum ein Spalt, der da war, dass der Rauch abziehen konnte. Kaum ein Spalt, der sein Leben vor der Schwelle zum Tode hielt. In diffuser Schwärze war das Glimmen der feurigen Glut die einzig spendende Lichtquelle, wie ein Hohn, dass jener einzige Funke in all der Finsternis denselben rötlichen Glanz trug, der ihn an den Priester Mordûls erinnerte.

Wie pulsierend saß fest eingesetzt der Edelstein inmitten der Stirn des Roten selbst. Sein Blick war gierig, so verlangend gewesen, als Silk sehr langsam, widerstrebend das Amulett der Jungfrau ihm darbot. Mit eiferndem, wütigen Starren, als wäre sie bereit durch die Hölle Mordûls zu fahren, nur um dem Priester seines Hauptes zu entledigen, hing die Heilige, wie schwebend von Ketten getragen, welche sich wiederum in den behandschuhten Fingern Silks hielten. Er wagte es nicht selbst zu greifen, der Rote, der fanatische Ketzer, er senkte nur den Stab, der wirkte wie ein Berg aus tausend Zinnen, gleichsam doch einem Verließ, das tausend kleine Feen sperrte, dem begehrten und gleichsam gefürchteten Preise entgegengereckt. Ein Preis, der die Leben zweier Wächter retten würde, ein Preis, den es zu zahlen galt.
Und als er es hielt, das Amulett des Lichten, da wandte Silk selbst den Blick vom Werke des Priesters ab und verharrte so, ihn seitlich gesenkt, vor dem Roten, dem Fanatiker. Der nahm das Stück an sich und seine blinden Augen schienen kurz auf, wie ein weißer Blitz, der durch ein Meer von Grau zuckte. Und er formte die Silben, die Silk wie Schnitte begleiteten:
„Endlich ...! Endlich ist es mein!“
Machtlos ballten sich die behandschuhten Finger zur Faust, als ein irrsinniges, beinah unmenschliches Lachen diesen Silben folgte.
„Jetzt das Gold, Celebdam!“
„Das Gold habe ich nicht dabei, Priester...“, brachte Silk hervor und überwältigt ging sein Atem schwer.
„Aber es war Teil der Abmachung, Celebdam!“
Aufbrausend hob Argon die Linke an.
„Die dritte Wächterin war auch ein Teil, Priester.“ - „Dann holt die 40.000!“
Dem Lichten öffnete er ein Tor und Silk, der nicht mehr klar bei Sinnen, des schmerzlichen Verlustes wegen resignierend, sollte nicht mehr merken, was der Priester in aller Tücke ihm bereithalten würde. Argon der Rote hob seinen Stab an und formte einen Kreis inmitten des Pentagramms, auf dem die beiden standen.
„Kommt mit!“, hieß es, doch als Silk das Portal betreten hatte, da fand er sich nirgendanders, als in der Festung der Falken selbst. Anstelle des erwarteten Priesters, begrüßen Armbrustbolzen aus dem Lauf seine Ankunft und schließlich wurde ihm gewahr, dass er verraten wurde. Verraten von einem Verräter - was hatte er erwartet?
„PRIEEEEESTEEEER!“, hallte der wütende Schrei, des schmerzlichen Merkens seiner eigenen naiven Dummheit entspringend, aus dem Hofplatz der Festung gen Süden.

Neben der Nähe Sineras verlor er schon bald allen Widerstand und ließ sich freimütig kerkern. Er konnte den Kampf nicht mehr forttragen, ein Auflehnen wäre der Tod.

Inmitten der Festung der Falken hatte man dem blauen Greifen die Flügel gebrochen, als bräche man sie der Jungfrau selbst

 

 
 

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